Zahlt und genießt das Paradies?

In München wurde kürzlich über die Zweitwohnungssteuer in Tegernsee verhandelt. Schon jetzt sieht es nicht gut für die Zwischendurch-Bewohner aus. Der Richter scheint Verständnis für die gebeutelten Kommunen zu haben. Sparen wir uns billige Polemik gegen Zweitwohnis. Suchen wir lieber nach Lösungen, wie unsere Zukunft im Tal aussehen kann, findet unser Kolumnist.

Zahlt und genießt das Paradies?

Ein Kommentar von Martin Calsow:

Jetzt ist wieder die Zeit der Hausmeister-Truppen. Überall werden Hecken geschnitten, Gärten winterfest gemacht, die Wohnung renoviert. Gern und häufig bei Zweitwohnungen, die einen erheblichen indirekten Beitrag zum Wohlstand, mindestens aber zum Auskommen vieler Einheimischer geben. Handwerker, ob Schreiner oder Installateur, ebenso Gastronomen und Einzelhändler, profitieren immens vom Geld der Zweitwohnis.

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Auf der anderen Seite wird Wohnraum belegt und nur partiell genutzt, der einheimischen Bewohnern fehlt. Es schnellen Miet- und Kaufpreise nach oben, weil Wohnraum verknappt wird. Das ist aber ein sehr stiller Prozess, den nur die sehen, die wirklich davon betroffen sind. Jene, die ein Heim haben, von Zweitwohnis profitieren, zucken mit den Schultern.

Die Geister, die ich rief…

Und die Zweitwohnis? Die wissen um das Geld, das sie bringen. Und manche verhalten sich auch dementsprechend: Wer zahlt, schafft an. Und als ob das nicht schon genug wäre, sind die selbst ernannten “Zweitwohnungslobbyisten” von einem dreisten Irrsinn  geschlagen, welcher sich in diversen Kommentaren der letztren Monate bei uns und bei den publizistischen Nachbarn widerspiegeln.

Jetzt hat ein Verwaltungsgericht in München schon erste Positionen zur Zweitwohnungssteuer kundgetan. Ich übersetze mal: Zwanzig Prozent, wie in Tegernsee, ist ok, liegt sogar unterhalb vieler anderer Orte. Hört auf zu klagen. Zahlt und genießt das Paradies. Es ist eben nicht umsonst.

Letztlich geht es im Kern um die Frage, inwieweit wir Räume, die jeder gern nutzt, die aber unter erheblichen Druck damit stehen, begrenzen, reglementieren und dabei sehr massiv in Grundrechte wie freies Zuzugsrecht eingreifen. Venedig, Dubrovnik, die Ostsee oder Sylt, allesamt Orte und Regionen, die den Geistern, die sie einst riefen, nicht mehr Herr werden.

Die Profiteure sitzen auch im Gemeinderat

Und wer das beklagt, sollte in den Gemeinderäten genau hinschauen. Dort sitzen die Profiteure. Wenn der Herr Gastronom aus Gmund mit eben jenen Tagesgästen seinen Reichtum begründet, und dämliche Ranschmeiss-Plakate für Münchner aufstellen lässt, wenn Gemeinderäte den Zuzug der Zweitwohnis in Kreuth oder Tegernsee verhindern, aber mit einem Hausmeister-Service oder einer Apotheke über Jahre sehr viel Umsatz gemacht haben. Und das sind nur zwei Beispiele.

Vernünftige Menschen im Tal wollen Urlauber und Zweitwohnungsbesitzer nicht pauschal verhindern. Es geht um Maß und Mitte. Und: Es braucht eine talübergreifende, von einer großen Mehrheit getragenen Idee, wie Zuzug und Tourismus letztlich in den nächsten Jahren ausschauen soll. Ob das Instrument der Steuer wirklich hilft, ist zu bezweifeln. Denn das sorgt nur dafür, dass eine bestimmte Klientel sich den zeitlich begrenzten Aufenthalt im Tal leisten kann, es nach und nach zu einem Reichen-Ghetto verkommt. Wollen wir das?

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