Geplatzte Hallenbad-Träume:
Zwischen Wellness-Wunsch und Wirklichkeit

Nach der großen Infoveranstaltung Ende Februar waren sich noch alle einig: Das Tegernseer Tal kann sich nur ein normales Schwimmbad leisten. Doch die Räte aus Rottach-Egern sehen das anders …

Spaßbad mit Aufguß: Das Atoll kann alles – Bad, Spa, Gastro – lockt man nur so die Kleinen ins Nass? Foto: Martin Calsow

Gedächtnis – das ist so eine Sache. Eigentlich war nach Veranstaltung am 26. Februar im Seeforum allen Teilnehmern klar: Wenn unsere Kinder schwimmen lernen sollen, dann kann das nicht in einem Spaßbad wie dem ‘Atoll’ am Achensee passieren. Der hinzugezogene Bäder-Experte Batz warnte vor vier Wochen eindringlich vor solchen Lösungen. “Das Defizit über die Jahre wird von den Kommunen nicht zu bewältigen sein.”

Und so legte der Arbeitskreis “Kommunales Hallenbad” den Gemeinderäten vom Tal und von Waakirchen klare Beschlüsse vor. Aber jetzt streikt die Erinnerung. In Rottach-Egern will man mehr, in Waakirchen gar nicht mehr. Der eine mag es trockenheiß mit einer Sauna, der andere mag mehr feucht rutschen, wieder andere haben kein Geld für Kinderschwimmen – es bleibt schwer.

Ratssitzung Rottach-Egern und Waakirchner Unmut

Bei der vergangenen Ratssitzung in Rottach-Egern war es wie in der Vorweihnachtszeit, wenn die Kinderschar mit unrealistischen Wünschen kommt. Sauna, mehr für Kinder, überhaupt einfach: mehr. Zumindest sollte das alles einmal überprüft werden. ‘Mehr, mehr’, rief der kleine Häwelmann aus Rottach-Egern.

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Anders in Waakirchen: Hier wollten einige gar nicht erst in den Hallenbad-Zug einsteigen. Im dortigen Gemeinderat schien man über die vom Arbeitskreis vorgeschlagene Aufteilung nahezu entsetzt: Waakirchen sollte, so wie auch die Kreuther, mit 2,1 Millionen Euro am Bau und mit weiteren zehn Millionen Euro über 33 Jahre an den Defiziten eines Kommunalen Schwimmbads beteiligt werden. Keine Chance, sagte man im Ort an der Landkreisgrenze. Motto: Mitschwimmen: Ja! Mitzahlen? Eher: Nö.

Mit Mühe konnte Waakirchens Bürgermeister, Norbert Kerkel, in seinem Rat die Diskussion darüber auf die zeitliche Bank schieben. In den nächsten Wochen wird in den restlichen Gemeinden über die Arbeitskreis-Beschlussvorlagen diskutiert. Kein leichtes Spiel für die Freunde des kommunalen Schwimmens. Denn, so Experten, scheren nur zwei Gemeinden aus, wird es eng für die Umsetzung des gesamten Projektes. Dann fällt der gut gemeinte Plan eines interkommunalen Hallenbads schnell ins (ungechlorte) Wasser. Die Gesamtsumme, sowohl die Investition in den Bau, als auch die Folgekosten, wären für vier Gemeinden nur schwer zu stemmen.

Fangen wir mit dem Spaßbad an

Zwei Varianten sind da zu diskutieren: Eine mittlere Variante mit Schwimmbad und Saunabereich, hier eine Rutsche, dort ein Spaßbecken. Klingt dufte, wird sich nach Aussagen des Bäderexperten nur nie rechnen, sondern ist der Klassiker der hochdefizitären Schwimmbäder, die kurz vor dem Kollaps in Deutschland stehen. Das gilt auch für die ganz große Variante: so wie das von Freunden der Wasserrutsche viel besungene ‘Atoll’ in Eben am Achensee. Dort kostete der Bau vor fünf Jahren 21 Millionen Euro (mit Außenbereich 23 Mio.). Wow, die Ösis können billig?

Nur, kleiner Schönheitsfehler, die Preissteigerung in den vergangenen fünf Jahren müsste dazu gerechnet werden. Das sind noch mal 40 bis 50 Prozent Preissteigerung auf die 23 Millionen aufgerechnet. Und, küss die Hand und baba, dann sind wir in der Höhe von circa 35 Millionen Euro. Auch ist nicht klar, wie das Ösi-Wellnessbad vom Staat gefördert wurde.  Beim südlichen Nachbarn wird deutlich mehr in touristische Gebiete investiert. Man hat ja sonst nicht viel.

Aber da darauf wiesen Rottacher Räte auch hin: Man habe da ja auch noch einiges am eigenen Warmbad in Rottach-Egern zu tun. Hier müsse möglichst bald renoviert werden. Reichen da die Rücklagen? Übernimmt man sich nicht?

Damit nicht genug:

Es wabert da auch noch eine interkommunale Dimension im Hintergrund. Wenn eine Gemeinde ein Spaßbad in einer anderen Gemeinde mitfinanzieren soll, ist das ein finanzrechtlicher Drahtseilakt. Ein Hallenbad für die Schwimmausbildung und das Training der Wasserwachten ist Daseinsvorsorge. Da sind sich alle einig. Lange Jahre ohne Ausbildung und Training ist für eine Region mit einem großen See keine gute Situation. Aber erfüllt ein Spaßbad mit Spa und Pipapo diese Vorgabe? Man kann bis zur ersten Klage eines engagierten Bürgers mit viel Tagesfreizeit aus dem Tal herunterzählen.   

Kreuth: das Mezzogiorno am Tegernsee? Foto: Redaktion

Und dann wären da noch die Kommunen mit überschaubaren Rücklagen. Werden die zu Trittbrettfahrer? Da stelle ma uns mal janz dumm, und sagen: Die reichen Gemeinden wie Gmund, Tegernsee, Rottach-Egern und Bad Wiessee stemmen das Projekt “Hallenbad” allein, tragen auch die jährlichen Defizite. Vergnügt klatschen sich die Sparfüchse in Kreuth und Waakirchen auf die Schenkel, freuen sich über die Dukaten-Verwandtschaft, die einem kostenfrei ein zusätzliches Freizeitangebot vor die Nase stellt. Will man interkommunalen Ärger haben, dann lässt man das als Bürgermeister zu.

Aber vielleicht ist das auch nur der demokratische Prozess, den ein solches Projekt durchlaufen muss, um breite Akzeptanz zu erreichen. Denn das ist der große Unterschied zu privat geführten Unternehmungen: Da wird nach kurzer Planung losgelegt. Aber auf kommunaler Ebene verwalten gewählte Vertreter Steuergelder. Das ist mühsam, weil viele Stimmen gehört werden wollen. Diskussionsprozesse laufen da nicht stringent, werden von außen auch beeinflusst.

Da wird der Gemeinderat auch mal im Supermarkt oder auf der Straße angegangen oder mit neuen Ideen ‘überfallen’. Kein Rat möchte sich Jahre später, wenn er vielleicht nicht mehr im Gremium tätig ist, Fehler vorwerfen lassen. Und manche überfordern auch schlicht die betriebswirtschaftlichen Fragen. Das ist nicht ehrenlos. Es bedarf eben mehr Geduld, Erklärung. Man braucht mehr Runden, in denen Experten möglichst alle Seiten erklären, Risiken und Möglichkeiten abwägen.

Demokratie eben.

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