Ihr habt gewählt! Seit dem 24. Januar habt ihr fleißig abgestimmt. Das Rathaus, das die meisten Stimmen von euch erhalten hat, ist …
… das der Stadt Tegernsee. 30 Prozent von euch finden das Rathaus in Tegernsee am schönsten. Knapp dahinter liegt Waakirchen mit 29 Prozent. Den dritten Platz hat Bad Wiessee eingeheimst (14 Prozent). Rottach-Egern (12 Prozent), Gmund (10 Prozent) und Kreuth lagen bei der Abstimmung bei euch nicht ganz vorne.
Apropos Rathaus: Wer die Tegernseer Stimme fleißig verfolgt, weiß sicher schon, wie die Bürgerentscheide rund um den Neubau um das Rottacher Rathaus ausgegangen sind. Alle, die nicht auf dem aktuellen Stand sind, können das Ganze hier nachlesen. Aber nicht nur in Rottach-Egern, auch in Waakirchen stehen Veränderungen an.
Ursprünglicher Artikel vom 24. Januar 2024:
Das Rathaus: Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger. Arbeitsplatz für die Rathaus-Verwaltung und den Rathaus-Chef und nicht zuletzt: Symbol der Demokratie. Wir haben die Rathäuser an und um den Tegernsee nach Baujahr und historischen Besonderheiten seziert.
Der Rathaus-Historien-Pokal geht an Johannes Hagn ‘ihm sein Haus’ in Tegernsee. Zwar haben wir hier die Jahreszahl 1682 genannt bekommen, plausibler ist aber 1560. Abt Balthasar Erlacher soll demnach das Schulhaus in Tegernsee, das 1888 Rathaus wurde, in Auftrag gegeben haben. Unklar ist uns, ob es abgerissen und neu gebaut wurde oder nur entsprechend “kernsaniert” und neu hochgezogen. Platz zwei: das Rathaus in Gmund, respektive der Pfarrhof. Der wurde sicher 1666 erbaut.
Beide zählen zu den ältesten Rathäusern im Tegernseer Tal und stehen konsequenterweise unter Denkmalschutz. Während man anderswo mit Fotos badender C-Promis begrüßt wird, stehen im Gmunder Treppenaufgang Flaggen. Mehr Tradition als anderswo. Mehr Luft auch. Erst seit 1969 wird es als Rathaus genutzt. Auf dem dritten Platz landet das Rathaus Rottach-Egern. Es wurde 1865 erbaut. Allerdings war es da kein Rathaus, sondern die Pension Villa Valerie. Politisch zum Rathaus “notgetauft” wurde es 1927. Der von einigen Engagierten sehr geherzte Turm kam erst 1959 hinzu, quasi als Notlösung: Weil das Rathaus vergrößert werden muss, hat man südseitig angebaut, dieser “Rucksack” war nicht so hübsch, deswegen kam der Uhrturm davor. Nein, kein Denkmalschutz.
Das vollste Rathaus
Der Preis für die großzügigste Entourage geht an Robert Kühn, Bürgermeister in Bad Wiessee. Hier arbeiten 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Davon arbeiten 25 in der Verwaltung, vier im Kommunalunternehmen Bad Wiessee und eine Person für die Bücherei. Sie kümmern sich um Neuzugänge in der Gemeinde (Einwohnermeldeamt), Fragen zu Bauvorhaben und Genehmigung (Bauverwaltung), pflegen das Grün im Ort (Bauhof), Straßenbeleuchtung (Technisches Bauamt), um nur ein Minimum der Arbeitspakete aufzulisten, die sich so in einem Rathaus tummeln. Knapp dahinter kommt Tegernsee mit 17 Angestellten; vier weitere arbeiten in Teilzeit. 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen helfen in Rottach-Egern die Fragen der Bürger zu beantworten. Am wenigsten Mitarbeiter hat das Königreich Kreuth: Hier arbeiten 14 Büromenschen, die zudem viel in Teilzeit arbeiten. Was ganz grundsätzlich in den meisten Rathäusern Modell ist. Auch im Tal ist ein Hauch des modernen Arbeitslebens angekommen.
Das größte Rathaus
Das Rathaus in Tegernsee punktet hier mit 811,65 m². Untergebracht sind hier aber auch zwei Wohnungen sowie Archivräume im Dachgeschoss. Insofern ist das größte Rathaus vermutlich das in Bad Wiessee. Mit einer Hauptnutzfläche von 800 m². Die Fläche teilen sich Verwaltung, das Kommunalunternehmen Bad Wiessee und die Gemeindebücherei. Kreuth kommt immerhin auf 770 m², auch wenn es sich weit kleiner anfühlt, wenn man die Stiege zur Verwaltung erklimmt. Gmund reiht sich mit 732,59 m² Nutzfläche in die Reihe. Wohlgemerkt unter Nutzfläche zählen so nützliche Dinge, wie die Toiletten und natürlich Bürozimmer, Sitzungssaal, Aufenthaltsräume, Abstellräume und Kopierräume. Es wirkt auf jeden Fall größer und luftiger, wenn man durch den Vorraum zum Treppenaufgang läuft. Kann aber auch an dem einladenden Hof-Ensemble liegen, das dem Rathaus einen mächtigeren Eindruck verschafft.
Rottach-Egern bildet das Schlusslicht. Zumindest am Tegernsee. Mit 620 m² muss es sich begnügen. Zumindest vorerst. Je nach Ausgang des Bürgerentscheides um den Rathaus-Neubau. Nur Waakirchen ist kleiner: Hier teilen sich die 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 235 m². Waakirchen ist ja so ein Grenzgänger und hat den Hautgout eines außerehelich erzeugten Kindes. Auch hier steht ein Rathaus-Neubau an. Er wird in der Ortsmitte die Kreissparkasse verschlucken. Das Gebäude der Kreissparkasse wird dafür umgebaut und erweitert.
Das schönste Rathaus und die nicht ganz so aufgehübschten
Geht man nach Hochzeitsterminen, dürfte Tegernsee bei der Beliebtheit vorne liegen. 340-mal haben sich hier Paare 2023 das Ja-Wort gegeben. Das Trauzimmer mit Blick über den See gefällt jungen Paaren. Hier wird man zudem vom Rathaus-Chef persönlich getraut. Muss man mögen.
Das Rathaus in Kreuth hingegen versprüht den spröden Charme einer Brenner-Grenzstation aus dem letzten Jahrhundert. Hier zählt der Bürgermeister Bierschneider dank Vierteljahrhundert-Dienstzeit längst zum Mobiliar. Es bleibt aber streitbar, ob nicht das Rottacher Rathaus den Platz des hässlichsten Rathauses bekommen soll. Zumindest beim Interieur ist es ganz weit vorne: mit seinen schweren grünen Teppichen und den stetig im Dunkeln gehüllten Gängen hat es den Charme einer alten Gruft.
Hindernisse, Pläne, Besonderheiten
Bierschneider, der Kreuther Rathaus-Chef, beklagt die Losgelöstheit des Einwohnermeldeamts. Wer erst seinen Reisepass abholt, pilgert ums Haus herum. Und dass das Rathaus nicht barrierefrei ist, findet er “in der heutigen Zeit nicht in Ordnung.” Daran arbeiten sie aber, versichert der Kreuther Bürgermeister. Während sich Kreuth um soziale Fragen schert, scheren sich die anderen vor allem um das Eigene. Das eigene Raumgefühl zum Beispiel. Aber zugegeben, unsere Fragen sind da ja durchaus interpretationsfähig: Was lieben Sie oder ihre Kollegen an ihrem Rathaus? Was nervt alle ungemein? Wollten auch nicht alle beantworten.
Der Bürgermeister von Gmund, Alfons Besel (FWG), lobt die kühle Raumtemperatur des Rathauses (Steinmauern halt) und schreibt: “Die aktuelle Raumnot ist eine Herausforderung. Im Laufe des Jahres sollen jedoch die Umbauarbeiten beim ehem. Rathaus Kirchenweg 4 abgeschlossen sein, sodass weiterer Büroraum zur Verfügung steht.”
In Bad Wiessee badet man sich in seinem “Repräsentationsort”, das heißt hier freut man sich über Hochzeitsgäste, die auf der Rathaus-Terrasse ihren Sekt schlürfen. Die Popularität des Tegernseer Rathauses in puncto Hochzeiten bringt wiederum Nachteile mit: “Eine Belastung stellen die vielen, immer aufwändigeren, Hochzeiten dar, da sich die verschiedenen Nutzungen (Standesamt, Einwohnermeldeamt, Sitzungssaal und Sozialamt) einen relativ engen Flur teilen müssen”, so Johannes Hagn (CSU), Bürgermeister der schönen Stadt Tegernsee. Dafür springt der eine oder andere Kollege in der Mittagspause in den See. Klingt nach einer verlockenden Work-Life-Balance (Übersetzung: das Lästige mit dem Schönen verbinden).
Zudem wird hier noch fleißig umgebaut, die Büros im Erdgeschoss bekommen eine Fußbodenheizung; wegen Hochwasserschäden wurde die Heizung vom Boden in die Decke gelegt. Seeseitig soll der Trauungssaal und straßenseitig die Bücherei untergebracht werden. Im ersten Stock sind höhenverstellbare Schreibtische geplant. Aber: Alle Maßnahmen müssen mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden, was kosten und arbeitsintensiv ist. Dennoch: klingt nach einem guten Arbeitsplatz.
Reinkarnationspotenzial
Das Rathaus in Bad Wiessee hat das alte quasi verschluckt. Das erste Rathaus von Bad Wiessee wurde 1908 auf dem Areal des heutigen Rathauses gebaut. Als das zu klein wurde, wurde hier 1930/31 neu gebaut: “Teile des alten Rathauses wurden, um Kosten zu sparen, in den neuen Bau mit einbezogen, der ursprüngliche Giebel mit seiner Nord-Süd-Ausrichtung wurde gedreht, sodass das heutige Rathaus eine Ost-West-Ausrichtung aufweist.”
Tegernsee war bis 1888 ein Schulgebäude und zwischendrin ein Forstamt, das gibt zumindest Extra-Punkte für Kreativität. Das Rathaus in Gmund war ursprünglich ein Pfarrhof, das überrascht nicht wirklich. Kreuth ist weit vorne, bei uns in der Eltern-Redaktion: weil es als Kombi aus Feuerwehr und Polizeistation durchaus den Playmobil-Award gewinnen könnte. Zumindest wurde es 1925 so gebaut. 1935 zieht die Gemeinde aus dem Schulhaus in das Doppelfunktionshaus. Die Polizei bekommt da natürlich ein neues Haus, aber eine Zeitlang teilt man sich das Haus mit den Feuerwehrlern, die erst 1963 ausziehen.
Disclaimer
Bei den Daten haben wir uns auf die Antworten der werten Herren Bürgermeister und ihrer hervorragenden Archivarinnen verlassen. Da sich Ausdauer in der Beantwortung einer E-Mail und auch Ausführlichkeit innerhalb der Bürgermeister-Gilde durchaus unterscheidet, sind diese Vergleichsdaten mit Vorsicht zu genießen. Wo die Daten frei zugänglich waren, haben wir entsprechend nachrecherchiert. Der Rest ist Geschmacksache. Und sollten wir einen Zahlendreher haben, jemand über eine historische Ungereimtheit stolpern. Lasst es uns wissen. Alle lernen dazu.
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