Landrat Olaf von Löwis erklärt der Presse seine Flüchtlingsarbeit
Nach jedem Interview kommen Morddrohungen

Zuerst das Positive: Es kommen weniger Flüchtlinge zu uns. Dennoch steht der Landkreis unter Druck. Olaf von Löwis erklärt uns die Hintergründe.

500 Plätze sollen hier entstehen. Neben dem Gelände des Wertstoffhofes VIVO entsteht ein umstrittenes Containerdorf. Foto: Redaktion

Da sitzen sie nun im Schloss Valley und schauen ernst. Ein sehr dünner Landrat von Löwis, sein Integrationsbeauftragter Max Niedermeier und der örtliche Bürgermeister, Bernhard Schäfer von den Freien Wählern. Kurz vorher saßen hier die Bürgermeister des Landkreises. Löwis ist auf ihre Unterstützung für die nächsten Jahre angewiesen.

Status Quo

Aktuell betreut das Landratsamt Miesbach (LRA) etwa 40 Unterkünfte, belegt mit 1067 Asylbewerbern und 1158 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Zu den Unterkünften zählen auch drei Turnhallen, zwei in Miesbach und eine in Tegernsee. Die will von Löwis so schnell wie möglich freibekommen, sanieren lassen und dann ihrer eigentlichen Bestimmung zukommen lassen.

Aber das ist ein zäher Prozess, nichts geht schnell und unbürokatisch. Beispiel Holzkirchen-Moarhölzl. Im dort kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellten Containerdorf fehlt es an einer funktionierenden Schließanlage. Ergebnis: Statt 218 Personen leben dort 42 Geflüchtete. Und was ist mit dem großen Containerdorf in Warngau, wo 500 Menschen leben sollten?

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“Da läuft gerade die europäische Ausschreibung für die Erdarbeiten”, erklärt ein sichtlich genervter Landrat. Ende 2024 sollen dort laut Planung die ersten einziehen können. “Zuerst kommen dann die Menschen aus der Tegernseer Turnhalle dort unter. Dann muss das Gebäude saniert werden, um für den Sportunterricht wieder brauchbar zu sein”, erklärt von Löwis.

Nur: In zwei Jahren soll das Containerdorf bei Warngau wieder abgebaut werden. Dann fängt die Diskussion wieder von vorn an. Von Löwis verspricht: “Die Turnhallen werden dann nicht wieder mit Flüchtlingen belegt.” Aber wer weiß, was in zwei Jahren politisch passiert?

Asylsuchende und ukrainische Flüchtlinge haben unterschiedliche Rechte

Nächstes Problem: Derzeit leben Asylsuchende und ukrainische Flüchtlinge gemeinsam in Unterkünften. Während die Asylsuchenden weder den Landkreis verlassen, noch Arbeit annehmen dürfen, bekommen die Ukrainer vom Tag 1 ihrer Ankunft das hinlänglich besprochene Bürgergeld. “Theoretisch müssten sie sich Wohnungen selber suchen, aber das ist hier im Landkreis natürlich schwierig”, erklärt der Integrationsbeauftragte Niedermeier. Es ist ein ständiger Kampf mit einer, eigentlich menschenunwürdigen Situation, einer Situation, die bei vielen Bürgerinnen und Bürgern massiven Unmut erzeugt. Kommunale Vertreter wie Löwis oder auch die Bürgermeister baden die Politik anderer aus.

Von Löwis Engagement

Wer dem Landrat zuhört, spürt sein ehrliches Engagement, ist auch von einem Mut beeindruckt, wie er sich gegen Hass und Hetze stemmt. Nur auf intensiver Nachfrage erzählt er von Morddrohungen gegen ihn. “Kaum gebe ich zu dem Thema ein Interview kommt es zu Bedrohungen am nächsten Tag.” In den letzten Monaten wurde es wohl ruhiger, aber Löwis muss immer wieder auch bei den Bürgermeistern werben und bitten.

Das führt dann absurden Situationen, etwa mit der Gemeinde Hausham: Der zweite Landrat, also von Löwis Stellvertreter, Jens Zangenfeind, von den Freien Wählern stimmte geschlossen mit dem Gemeinderat gegen eine Umwidmung des einstigen Impfzentrums. Bloß keine “Erstaufnahme”. Das Landratsamt überstimmte, die Gemeinde klagte. Zangenfeind, als Nachfolger des Landrats oft im Gespräch, macht dabei keine gute Figur, wie viele seiner Kollegen im Landkreis finden. Aktuell ist die Erstaufnahme – und Registrierungsstation in der Miesbacher Berufsschule untergebracht. Darin leben 132 Menschen. Schön wäre es für die Schülerschaft dort, wenn sie wieder in ihrer Halle Sport betreiben könnten. Doch Hausham und Zangenfeind sperren sich dagegen.

Initiative der Nordgemeinden

Am Ende muss von Löwis ausführen, was ihm die große Politik anschafft. Wer sich bei der Aufnahme egoistisch wegduckt, mag gut im eigenen Gemeinderat ankommen. Aber irgendwo müssen die Menschen eben untergebracht werden, wenn sie von München hinaus zu uns gebracht werden.
Die Nordgemeinden des Tegernseer Tals wollen jetzt eine Initiative starten: Es soll eine Solidaritäts-Bekundung aller Landkreiskommunen geben, die Unterbringung von Geflüchteten als gemeinsame Aufgabe zu begreifen.

Hintergrund: Die Tegernseer Stimme hatte Ende März 2024 die aktuellen Zahlen der Unterbringung in den jeweiligen Gemeinden veröffentlicht. Das Bild war uneinheitlich. Während einige wenige Gemeinden massiv die Lasten trugen, hatten andere schulterzuckend abgewunken, wenn es um Plätze für Flüchtlinge ging. Jetzt will man alle Gemeinden zu einer gemeinsamen Strategie ermuntern. Der Text ist noch nicht fertig, soll dann in allen Gemeinderäten vorgestellt und diskutiert werden.

Weniger Menschen fliehen

Ein weiterer Lichtblick: Es kämen im Vergleich zum Vorjahr rund 20 Prozent weniger Flüchtlinge in Deutschland an, erklärt uns von Löwis. Woran das liegt? Stärkere Grenzkontrollen vielleicht, mutmaßt er. Aber das könne sich eben schnell wieder verändern. Man fragt besser nicht, was bei einer Niederlage der Ukrainer auf uns zukommt.

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