Abends im Tegernseer Stadtrat. Die Grünen wollen an die Rosenstraße ran. Aber Ideen sind dort nur gut, wenn sie vom Chef kommen…
Das hat sich Johannes Hagn, Bürgermeister von Tegernsee, anders vorgestellt. Kurz und knackig wollte er seinen Stadtrat durch den Antrag der Grünen jagen. Stattdessen wird nachgefragt und diskutiert. Die Stadtratsfraktion der Grünen, Marcus und Barbara Staudacher, fordern eine verkehrsberuhigte Rosenstraße. Sie möchten alles auf einer Ebene pflastern und die Straße so “für Fußgänger attraktiver machen, dass die nicht an den Rand gedrängt werden”, so Marcus Staudacher. Eine Umfrage haben sie gemacht, die zeigt, dass die Ladenbesitzer nicht auf Parkplätze und Autofahrten verzichten wollen. Verkehrsberuhigt – das ist keine revolutionäre Idee, hat man in München schon im letzten Jahrhundert in der Innenstadt gemacht.
Ein besonnener Antrag für eine kleine Straße, der aber für das Große Ganze in Tegernsee steht: den großen Wurf. Den möchte Hagn und die Stadt Tegernsee gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege (LAD) machen. Seit zwei Jahren entwickelt die Stadt in Begleitung des LAD ein Kommunales Denkmalkonzept (KDK). Es soll die Vergangenheit und die Zukunft der Stadt Tegernsee auf eine neue Stufe heben. Da gehe es um mehr als nur um “eine neu Pflasterung” der Rosenstraße, sondern um einen “übergreifenden städtebaulichen Entwurf”, so der Bürgermeister. Nur: So ein Plan, der braucht Zeit. Das neue Feuerwehrhaus brauchte vier Jahre bis zur Fertigstellung …
Regenburg, Kulmbach und Bamberg haben mit diesem Planungsinstrument bereits gute Erfahrungen gemacht. In Tegernsee gibt es zahlreiche historische Bauten, die für die kulturelle Identität der Stadt stehen. Auf der Liste stehen unter anderem das Schloss, das Rathaus, die südliche Bahnhofsstraße und der Alpbach. Und eben auch der Kaltererplatz und die Rosenstraße.
Die zwei Gesichter der Rosenstraße
Die unter Ensembleschutz stehende Rosenstraße ist eine Gasse der Widersprüche. Wer von der B307 in die Rosenstraße geht, wandert durch einen Bogen. Oben sitzt in geschwungenen Goldbuchstaben der Straßenname, darunter das Wappen der Stadt Tegernsee.
Viele Häuser in der Rosenstraße stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert: Heimatstil, Lüftmalerei, reich geschnitzte Lauben, teilweise noch in Holzbauweise. Hinter ihnen plätschert idyllisch der Alpbach. Im 18. Jahrhundert wohnten und bauten hier Handwerker des Klosters Tegernsee. Eine dörfliche Marktstraße entwickelte sich.
Läuft man hingegen von der Bahnhofsstraße in die Rosenstraße, ergibt sich ein anderes Bild: Linksseitig ein Wohnhaus, vermutlich aus den 60er Jahren, davor großzügige Parkplätze; vom historischen Erbe keine Spur.
Hagn findet den Antrag gut, will ihn aber im Rahmen des KDK abhandeln. Mehrmals erklärt er seinem Stadtrat, was es damit auf sich hat und betont, dass “ein Quartierskonzept” empfohlen wurde, das die gesamte Altstadt analysiert.
Im Kreis herum
Barbara Staudacher meint, “ich finde schon, dass man das vorziehen kann.” Von “einer alten Wunde” spricht der zweite Bürgermeister, Michael Bourjau, der das Ansinnen der Grünen begrüßt, aber eine Lösung will, die bis “zu Ende gedacht ist”. Das wirkt etwas altväterlich, aber wird mit dem Bourjauschen Berater-Charme abgemildert. Carolin Machl (CSU) fordert, dass der Kaltererplatz integriert gehöre und “mich interessiert, was wir konkret tun, um da weiterzukommen.” Thomas Mandl (SPD) befürchtet, dass das mit dem KDK vielleicht zu groß sei und der Antrag ja “bescheiden”. Er will das jetzt anschieben, aus Sorge, dass sonst “nie was passiert.”
Das veranlasst den Rathauschef erneut zu Erklärungen, was es konkret heißen würde, den Antrag umzusetzen. Es müsse die Straße untersucht werden, ein Sturz- und Risikomanagement her, diverse Beratungen, unter anderem mit dem Behindertenbeauftragten, Vorschriften anwenden, die eine verkehrsberuhigte Zone definieren, ….
“Ein einfacher Austausch von Asphalt gegen Stein ist es nicht”, so Hagn angespannt. Zudem weist er auf die dünne personelle Lage der Verwaltung hin und auf die zahlreichen Projekte, die noch auf der Agenda des Stadtrates stehen: etwa die Bahnhofstraße, die Hochfeldstraße, zahlreiche Bauprojekte. Dann wird abgestimmt. Einstimmig. Die Umsetzung wolle man dann extra besprechen.
Almdorf-Mythen
Ganz am Schluss steigt der Puls der Doppel-Spitze als Marcus Staudacher eine Frage zum Almdorf stellt. Da war am 25. August Baubeginn, er habe aber den Eindruck, da würde Erde nur von A nach B abgetragen. Er hat Einzelurteile dabei, die sich um die Definition eines Baubeginns drehen. Doch die Stadt Tegernsee ist nicht für die Baugenehmigung zuständig. Die erteilt das Landratsamt Miesbach als oberste Baubehörde. Das macht der Rathaus-Chef unmissverständlich klar. Das Landratsamt hat die Almdorf-Baustelle im August besichtigt und habe dann der Stadt Tegernsee den offiziellen Baubeginn mitgeteilt.
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