Drangvolle Enge herrschte bei diesem explosiven Thema im viel zu kleinen Poststüberl im Gasthof Post. „Noch nie sind so viele der 200 Vermieter unserer Einladung gefolgt“, meinte Steffi Erlacher als stellvertretende Vorsitzende des Kur- und Verkehrsvereins mit etwa 65 Mitgliedern. Annähernd die gleiche Zahl wollte ihren Unmut über die Erhöhung von 2 Euro auf 3,30 Euro äußern.
Ab 1. Dezember 2019 tritt die neue Kurtaxe pro Person und Nacht in Kraft. Dass Bad Wiessee den Beitrag damit um rund 65 Prozent anhebt und zugleich aus der einheitlichen Marschroute im gesamten Tegernseer Tal ausschert, war nicht nur im Gemeinderat sehr umstritten. Auch der Kur- und Verkehrsverein Bad Wiessee, der von der „Erhöhung kalt erwischt wurde“ ist mehr als empört. „Wir wollen sie so nicht akzeptieren und müssen uns weitere Schritte dagegen überlegen“, forderte Erlacher.
„Wind säen, Sturm ernten“
Neben drei örtlichen CSU-Gemeinderäten bekam der Verein auch Schützenhilfe von Anastasia Stadler, der CSU-Gemeinderätin aus Rottach-Egern. Das „touristische Urgestein“ ist als Kreisrätin auch im Tourismusausschuss. Für sie sei der „regelkonforme Beschluss“ mit einer Erhöhung der Kurtaxe von 65 Prozent eine „moderne Wegelagerei“, kritisierte Stadler. Sie sei „sprachlos, entsetzt und wütend, dass man den kleinsten gemeinsamen Nenner bei der Kurtaxe mit bislang zwei Euro so mit Füßen tritt“. Sie hoffe nicht, dass Vize-Bürgermeister Robert Huber mit dieser Entscheidung gewusst habe, „was er hier getan hat. Wer Wind sät, wird Sturm ernten“.
Entsetzt sei sie auch über die Reaktion von TTT-Chef Kausch, „der diese Erhöhung für nicht so schlimm hält“. Für was brauche man dann eigentlich noch „einen hochdotierten Geschäftsführer und eine TTT“. Man habe im Tal so viele Projekte, bei denen man eigentlich an einem Strick ziehen müsste, ob Badepark, Montgolfiade und Spielbank. „Und dann spielen wir hier klein-klein“. Sie wisse nicht was passiere, wenn Wiessee künftig um Unterstützung bitte.
Verlust von 10.000 Euro für ein Hotel
Nach der Entscheidung des Gemeinderats habe der Verein um ein Gespräch mit dem amtierenden Bürgermeister Robert Huber gebeten, doch dieser habe mit der Begründung abgelehnt, er habe für so etwa jetzt keine Zeit, berichtete Schriftführerin Maria Strillinger. Für Regina Beil, Kassiererin im Verein und Betreiberin des Hotel Rex, bringt diese Erhöhung hohe finanzielle Einbußen, wie sie schildert.
Sie biete für ihre Reisegruppen Inklusivpreise einschließlich Kurtaxe an. Da sie bereits bis ins Jahr 2020 Buchungen habe, bleibe sie durch die Erhöhung der Kurtaxe auf etwa 10.000 Euro sitzen. „Wer kommt mir für diesen Schaden auf“, empörte sie sich. Eine Vermieterin hatte auch schon Absagen zu vermelden, ihre Gäste würden nächstes Jahr nach Rottach fahren. Diese Folge habe sich in der Gemeinde „niemand überlegt“.
„Wiessees Alleingang hat viel kaputt gemacht“
Dem Gemeinderat sei die Erhöhung des Kurbeitrags mit den künftigen Ausgaben der Gemeinde verkauft worden, schilderte Florian Sareiter (CSU). „Denn die Haushaltslage in Wiessee ist sehr bescheiden, sie ist ein Fass ohne Boden“. Mit einer maßvollen Erhöhung habe wohl niemand im Raum Probleme, aber mit den „exorbitanten 1,30 Euro schon“. Nachdem das Thema, wie von der CSU gewünscht, nicht eingefroren wurde, „wurde die Erhöhung durchgedrückt“.
Er könne sich aber einen erneuten Antrag vorstellen, um den Beschluss zu annullieren, da einige Gemeinderäte bei der Abstimmung „auf der Kippe“ gestanden wären. Eine Rücknahme sei machbar und nicht einmalig. Die Vermieter müssten auf die Gemeinderäte zugehen, die für eine Erhöhung gestimmt hätten. Um einen ausreichenden Vorlauf für eine Anhebung der Kurtaxe zu haben, schlug Sareiter ein Stufenmodell ab dem 1. Januar 2021 vor. Hier würden laut Sareiter auch die anderen Talgemeinden mit im Boot sein. Dies habe sein Gespräch mit Rottachs Bürgermeister Christian Köck gezeigt. Man brauche die anderen Talgemeinden auch mit einem finanziellen Beitrag für den Badepark. „Dieses Vorgehen jetzt aber hat viel kaputt gemacht“.
Die Macht der Betten
„Betten sind eine Macht“, so Steffi Erlacher, deshalb sollte man sich in die ausliegenden Unterschriftslisten gegen den Beschluss des Gemeinderats mit der Anzahl der Betten eintragen. Wenn nur 150 bis 200 Unterschriften zusammenkämen, sei dies schon von Bedeutung. Schließlich sei nächstes Jahr Gemeinderatswahl.
Eberhard Waitz vom Hotel Bellevue beklagte, dass zwar die CSU-Gemeinderäte hier seien, nicht aber die, die für die Erhöhung gestimmt hätten. Man müsse wohl in Wiessee wieder „mit härteren Bandagen arbeiten“. Schon die Erhöhung der Parkplatzgebühren sei übers Tal hinaus publik geworden, und jetzt noch die Kurtaxe. „Das werden wir im nächsten Jahr sicher spüren“. Deshalb halte er die Unterschriftenliste zur „Positionierung“ für eine gute Sache, um die „Wertigkeit“ der Vermieter in den Mittelpunkt zu rücken.
Auch er, so Waitz, erlebe schon Stornierungen von Bussen für nächstes Jahr, „weil die Kurtaxe zu hoch ist“. Für was solle man in Wiessee künftig 3,30 Euro zahlen, nachdem keine Einrichtungen hinzugekommen seien, höre er immer wieder. „Wir müssten eigentlich jedem Gast noch fünf Euro schenken, dass er kommt“. Derzeit sehe es mit den vielen Baustellenfahrzeugen ohne hin aus „wie die Sau“. „Warum lassen wir uns das gefallen“, solche Erhöhungen „kommen zum absolut falschen Zeitpunkt“.
Demos in Wiessee?
„Wir müssen demonstrieren und uns mit Plakaten vors Rathaus stellen“ war ein Vorschlag. „Einen Schubkarren mit Mist vorm Rathaus abkippen“, ein anderer. Das Thema bei der nächsten Bürgerversammlung einzubringen sei auch schwierig, denn die seien selten geworden. Demonstrationen und Unterschriftenlisten seien der „richtige Weg“, um auf das Problem aufmerksam zu machen. „Das Thema nicht ruhen lassen“, empfahl Florian Sareiter.
Wenn die Befürworter spüren, dass ihnen die Bürger im Nacken sitzen, würde der eine oder andere Gemeinderat doch ins Wanken kommen. „Mobilisieren, mobilisieren“, so Sareiters Credo. „Pausenlos müsst ihr denen auf den Wecker gehen“, ergänzte Fraktionskollege Georg Erlacher. Gut sei auch ein Offener Brief, um mehr Öffentlichkeit herzustellen und eine „Überrumpelung“ der monatlichen Bürgersprechstunde. „Die Unterschriftenliste ist zwar schön, aber ihr müsst Klinken putzen“, empfahl Stadler.
Zum Schluss skizzierte CSU-Fraktionssprecher Kurt Sareiter für die Gemeinderatssitzung im April einen möglichen Antrag, in dem „die Erhöhung der Kurtaxe auf 3,30 Euro rückgängig gemacht werden soll“. Begründung: „Vor einer Neuregelung des Kurbeitrags müssten zunächst Gespräche mit allen Talgemeinden und den Wiesseer Vermietern geführt werden“. Eine talweit einheitliche Kurtaxe solle „unbedingt bestehen bleiben“. Sollte die CSU den Antrag stellen, kündigten die verärgerten Teilnehmer im Poststüberl schon jetzt einen vollen Rathaussaal an. Den Wiesseer Gemeinderäten stehen offensichtlich unruhige Zeiten bevor.
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