So gehen den Talgemeinden Millionen durch die Lappen

Für Übernachtungsgäste ist er obligatorisch: der Kurbeitrag. Theoretisch müsste er laut Kurbeitragssatzung auch von Tagestouristen erhoben werden. Einige Ferienorte bundesweit machen es, die Gemeinden im Tal lassen die Geldquelle allerdings ungenutzt. Dafür gibt es einen Grund.

Die Tagestourismus im Tal sollte eigentlich auch Geld bringen / Archivbild

Eine Glosse von Klaus Wiendl:

Bad Tölz macht es vor. Dort werden Tagesbesucher, die sich zu Kur- und Erholungszwecken in der Stadt Bad Tölz aufhalten, gebeten, „ihren Kurbeitrag unaufgefordert in der Tourist-Information zu entrichten“. Doch nicht nur im Nachbarlandkreis, in vielen Urlaubsorten werden Tagesausflügler zur Kasse gebeten, auch in den Nordseeheilbädern. Nicht jedoch in den Badeorten am Tegernsee. Obwohl es hier in jeder Satzung „für die Erhebung eines Kurbeitrages“ steht. Zum Beispiel in Gmund: „Tagesgäste zahlen den Kurbeitrag zusammen mit Eintrittsgeldern oder direkt bei der Gemeinde. Zweitwohnungsbesitzer sind ebenfalls kurbeitragspflichtig“.

Anzeige

Welche Einnahmequellen dies für die Talgemeinden bei 2 Euro pro Kopf wären, können sich die jeweiligen Kämmerer nur im Traum ausmalen. Nicht nur an Wochenenden würden Hunderttausende in ihre Kassen gespült. Alle Probleme wären gelöst, vor allem für das hochverschuldete Bad Wiessee. Man könnte mit der Erhöhung auf 3,30 Euro ab 1. Dezember die Seepromenade endlich aufhübschen, Schlaglöcher füllen und sich einen neuen Badepark leisten. Man müsste nur seine eigene Kurbeitrags-Satzung ernst nehmen. Doch Papier ist eben geduldig. „Personen, die sich zu Kur- oder Erholungszwecken im Kurgebiet der Gemeinde aufhalten, ohne dort ihren Wohnsitz zu haben und denen die Möglichkeit zur Benutzung der Kureinrichtungen und zur Teilnahme an den Veranstaltungen geboten wird, sind verpflichtet, einen Kurbeitrag zu entrichten“.

Münchner abkassieren

Peter Hagn (FWG) fragte im Gemeinderat von Rottach-Egern ungläubig, als es um die Anpassung der Kurtaxe für behinderte Menschen ging, ob diese denn auch für Tagesgäste gelte. „Sowieso“ entgegnete Geschäftsleiter Gerhard Hofmann, „logisch“. Die Mustersatzung bestehe schon seit 50 Jahren. „Es geht um die Meldemoral und wenn du kontrolliert wirst, dann musst damit rechnen, dass es beanstandet wird“, klärte Bürgermeister Christian Köck (CSU) auf. „Wenn du einen Besuch zuhause hast, müsstest du ihn eigentlich melden“. Ein Münchner sollte laut Satzung auch abkassiert werden, „wenn er am Sonntagnachmittag durch die Kuranlage spaziert“, wusste Kämmerer Martin Butz.

Das sei ja eine „tolle Regelung“, war am Ratstisch zu vernehmen. Gesetzlich müsse es so „geregelt“ werden, so Köck, „doch die praktische Umsetzung steht auf einem anderen Blattl“. Die Regelung bestehe auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Denn wer als Tourist übernachte, würde sonst gegenüber dem Tagesausflügler „diskriminiert“ werden. Wer am See kuren wolle, müsse eben zahlen, egal ob übernachtet werde, war dann Konsens im Gemeinderat.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München entschied im August 2016: „Tagesgäste sind nicht kurbeitragspflichtig, wenn sie nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand erfasst werden können“. Vielleicht sollten Touristiker des Tals mal in Tölz vorbeischauen, wie dort Tagestouristen ihren Obolus in „einem vertretbaren Verwaltungsaufwand“ entrichten. Manchmal heiligt der Zweck sprichwörtlich die Mittel.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner