Ein Kommentar von Martin Calsow:
Gegen alle Erwartungen verliert Florian Sareiter gegen den Außenseiter Robert Kühn von der SPD. Zwanzig Stimmen fehlen dem CSU-Kandidaten. Das ist bitter. Da zogen mehr CSU-Vertreter in den Gemeinderat. Die Partei schien auf der Erfolgsspur zu sein. Und jetzt, wo es einzig um die Bürgermeister-Kandidaten Sareiter oder Kühn ging, verliert derjenige, der schon sechs Jahre Gemeinderatsarbeit hinter sich hat. Wieder darf er nicht vorn Platz nehmen. Woran kann es gelegen haben?
Als Robert Kühn vor fast einem Jahr seine Kampagne startete, gab kaum einer dem jungen Mann aus dem Schuhgeschäft eine reelle Chance. Auch ich schätzte seine Erfolgsaussichten gering ein, sah ihn als einsamen Sisyphos. Mein Fehler. Der Mann mit den extravaganten Schuhen führte einen fairen und engagierten Wahlkampf, ging von Haustür zu Haustür, klebte seine Plakate selbst und wählte auch unkonventionelle Wege der Wähleransprache im Netz.
Dann kam die Podiumsdiskussion, bei der sich alle Bürgermeisterkandidaten vorstellten, und viele Bürger gingen aus der Veranstaltung mit einem Pro für Kühn. Zum Schluss half sicher auch die Wahlempfehlung der Grünen und der Freien Wähler. Das war sowohl von Birgit Trinkl als auch von Johannes von Miller ein mutiger Schritt, denn deren Klientel ist längst nicht nur progressiv.
Aber warum verlor Sareiter?
Es wäre zu einfach, es auf fehlende Sympathiewerte zu schieben. Der Mann ist gut vernetzt, sitzt in gefühlt Dutzenden Vereinen und wurde von seiner Mutterpartei gekonnt mit allerlei Werbematerial unterstützt. Vielleicht haben die Bürger ihn zu sehr mit den Streitereien des alten Gemeinderats verbunden, was nicht fair ist. Denn auch die andere Seite hat da einen gehörigen Anteil am Giftcocktail.
Vielleicht stand auch sein Name zu sehr für altes Verhalten der CSU in der Kommunalpolitik. Hier sind Personen und weniger Parteiprogramme entscheidend. Die Bürgerschaft Bad Wiessees ist des ewigen Gezänks müde. Sie wollte wohl eine besonnene und ausgleichende Person im Bürgermeisteramt, eine, die kommuniziert und transparent auftritt.
Ein Team, keinen Kindergarten
Kühn wird ein schweres Erbe antreten, denn das denkbar knappe Ergebnis sagt vor allem eins: Der Ort an der Westbank ist gespalten. Das Zusammenführen zerstrittener Gruppen wird Kühns wichtigste Aufgabe sein. Der Wiesseer Gemeinderat ist nicht ein Landtag oder gar der Bundestag. Kühn muss die stärkste Fraktion, die CSU, massiv in seinen Entscheidungen einbinden. Sareiter hat erhebliche Stärken, die Robert Kühn zukünftig nutzen sollte. Die aktuelle Corona-Krise zeigt: Bad Wiessee braucht dringend konstruktive Politik, die das Parteiengezänk hintanstellt. Ein Team, keinen Kindergarten. Wir wünschen dem neuen Bürgermeister von Bad Wiessee alles Gute, eine ruhige Hand und Fortune für seine neuen Aufgaben.
SOCIAL MEDIA SEITEN