Achtzehn Euro bekommt ein Betreiber vom Staat für eine Testung. Bis zur Aufdeckung der ersten Betrugsfälle in NRW konnten findige “Unternehmer” ohne Feststellung der Personalien munter Tests angeben – und abrechnen, die nie stattgefunden haben. Dem Staat, der sowieso mit horrenden Pandemiekosten kämpft, eine bittere Lehre.
Vor diesem Hintergrund ist Florian Meier, Arzt aus Miesbach, vor wenigen Tagen privat zum Testzentrum am Hagebaumarkt gefahren, hat sich dort, wie er sagt, bewusst unter einem falschen Namen angemeldet und sich testen lassen. Bürger hatten ihn auf fahrlässige Abläufe im dortigen Zentrum aufmerksam gemacht. Er habe, so Meier in einem Gespräch mit der TS, sich nach dem Test zu erkennen gegeben.
Auffällig für ihn, so Meier, sei die fehlende Feststellung seiner Identität mittels eines Personalausweises. So steht dem Betrug laut Meier natürlich Tür und Tor offen. Denn nur wenn zwischen Test und Patient von Prüfern eine Verbindung hergestellt werden kann, kann deutlich weniger betrogen werden.
Kuriose Schilderungen seitens des Betreibers
Tobias Biehler, der Betreiber der Teststation, schildert uns gegenüber den Vorfall ganz anders: “An einem Samstag kam dann ein Arzt, sogar mit seiner Tochter zusammen, der sich unter falschem Namen bei uns angemeldet und sich als offizieller Arzt vom Gesundheitsamt ausgegeben hat.” Der Arzt habe also eine nicht vom Gesundheitsamt initiierte Prüfung des Standes vorgenommen.
“Wir haben ihn dann bei der Ausweiskontrolle dabei ertappt, dass er uns mit falschem Namen hinhängen wollte. Daraufhin ist er dann auf dem Parkplatz ausgeflippt, hat die Polizei geholt, hat gedroht, er lasse die Station schließen. Er hat sich gegen die Wehr einer Mitarbeiterin Zugang zum Zelt verschafft und sogar im kontaminierten Müll gewühlt, um uns nachzuweisen, dass unsere Tests falsch sind. Also wirklich ganz übel”, so Biehler.
Doktor Meier hingegen bestreitet diesen Ablauf vehement. Er sei nicht ertappt worden. “Ich habe mich zu erkennen gegeben und die dortigen Kräfte zur Rede gestellt.” Biehler aber schießt weiter: “Der Miesbacher Arzt ist jedem bekannt. Das ist der Arzt, dessen Software jede Teststation im Landkreis kostenpflichtig benutzen muss. Wir waren eben die einzige Teststation, die diese Software nicht benutzt haben, weil wir für die älteren Bürger den Zettelbetrieb beibehalten wollten. Wir wollen das unabhängig von Smartphones und QR-Code machen. Viele ältere Leute waren dafür sehr dankbar.”
Meier, mit den Vorwürfen konfrontiert, lacht. “Wir haben bei Reihentestung (die Software des Landkreises, Anmerkung des Autors) beide Systeme, die übrigens nicht von mir sind, im Angebot. Also auch Menschen ohne Handy können sich testen lassen, müssen dann eben warten, bis das Ergebnis vorliegt.” Meier jedenfalls informierte nach diesem Zwischenfall das Landratsamt, die wiederum geben den Fall an die Kriminalpolizei.
Betreiber will Tests selbst bezahlt haben
Biehler habe nach eigenen Angaben ein paar Tausend Menschen getestet und glücklich gemacht. “Jetzt heißt es plötzlich, wir hätten falsch abgerechnet.” Zudem habe er selbst die Teststation schließen lassen, da die Inzidenz runtergegangen ist und es keine Testpflicht im Baumarkt mehr gab. “Die Info, dass uns irgendwer ein Verbot erteilt hätte, ist schlichtweg falsch”, so Biehler uns gegenüber. Er habe in Miesbach, so der Betreiber gar nichts verdient, sondern “die Tests aus eigener Tasche gezahlt”.
Im weiteren Gespräch versteigt sich der Unternehmer noch in Vorwürfen gegen das Landratsamt, spricht davon, man habe ihn förmlich gedrängt, auch ohne Genehmigung zu öffnen. Mailwechsel mit dem Landratsamt könnten das belegen. Das Landratsamt kann das nicht bestätigen. Eine Sprecherin erklärt:
Mit dem Betreiber selbst hatte das Gesundheitsamt vor Bekanntwerden der Unregelmäßigkeiten nie Kontakt, nur mit der Filialleitung des Hagebaumarkts. Diese zog ihre Anfrage für eine Teststation aber nach wenigen Tagen wieder zurück, weil die Testpflicht für Baumärkte entfiel. Damit war die Sache für das Gesundheitsamt gegessen. Die Darstellung, dass das Landratsamt den Betreiber dazu gedrängt habe, Tests ohne Genehmigung durchzuführen und diese noch dazu aus eigener Tasche zu bezahlen, ist völlig grotesk, und sollte jeden, der schon einmal mit einem Amt zu tun hatte, stutzig machen.
Letztlich ist es nun die mühsame Aufgabe der Polizei, die dokumentierten Tests mit den Adressen abzugleichen. Bei der vom Betreiber selbst angegebenen hohen Zahl dürfte das länger dauern. Und: Biehler hat mehr als ein Dutzend anderer Teststationen im Münchner betrieben bzw. tut dies noch.
Klar ist aber schon jetzt, dass die fehlerhafte Vorbereitung und das Handling mit Teststationen seitens des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn von der CDU zu solch einer Grauzone führte. Beim Bund nannte man das Anleitung zum Kameradendiebstahl, wenn es Menschen zu leicht gemacht worden war, kriminell zu werden.
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