Die Geschichte der Rettung des Forsthauses Valepp ist gestern um ein neues Kapitel erweitert worden. Tief hinten im Tal am denkmalgeschützten Ensemble aus Forsthaus, Klausenhaus, Kapelle und diversen Erweiterungsbauten, die seit acht Jahren von der Welt vergessen in sich zusammenfallen, macht sich wieder Hoffnung breit.
Nach der Ausschreibung der Gebäude Mitte 2020 im 99-jährigen Erbbaurecht (mit Ausnahme der Kapelle) durch die Bayerischen Staatsforsten bekamen die lokalen Investoren Manuel Neuer und Johannes Rabl den Zuschlag. Doch Ende 2021 regte sich Widerstand, als der Name des berühmten Bayern-Torwarts als Investor in der Valepp zum ersten Mal fiel.
Aigner mimt die Schiedsrichterin
Natur- und Heimatschützer entdeckten das Kleinod im Wald für sich und bestiegen die Barrikaden. Eine Petition beim Landtag gegen das Berggasthausprojekt von Rabl und Neuer wurde eingereicht. Und nicht nur das: Die Gegner schickten in den letzten Wochen mit der Stiftung Kulturerbe Bayern einen neuen Player auf das Spielfeld.
Nach dem Beispiel der Rettung eines Gasthofes in Schleching durch die Stiftung, schlugen sie vor, dass die Stiftung ebenfalls das Forsthaus Valepp retten sollte. In der Zwischenzeit ist Landtagspräsidentin Ilse Aigner als „Schiedsrichterin“ mit auf den Plan getreten. Über ihr Büro wurden die Einladungen für den gestrigen Ortstermin verschickt.
Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich gestern in der Valepp nun Vertreter der Stiftung, der Bayerischen Staatsforsten, der Kreisbauleiter und oberster Denkmalschützer und die Investoren. Gemeinsam ging es vom Spitzing den rund 10-minütigen Weg hinab zum Forsthaus. Nur einer der geladenen Gäste war beim Spaziergang nicht dabei: Manuel Neuer kam mit dem Radl vom Tegernseer Tal.
Weder Promi-Bonus noch Malus – das Projekt zählt
Vor der gelplanten Besichtigung der Gebäude aus dem 17. und 18. Jahrhundert begrüßte Aigner die zahlreich anwesenden Gäste. Früher sei sie hier mal bei einer Radltour vorbeigefahren und eingekehrt. Zu Beginn stellt die CSU-Politikerin klar, dass sie in ihrer Eigenschaft als Lokalpolitikerin da sei und nicht als Präsidentin des Landtages.
Es sei grade im Landkreis Miesbach ein heiß diskutiertes Thema, erklärte Aigner den Gästen, die die Kreisinternas nicht so gut kennen. Dabei spielt sie auf Projekte wie die Saurüsslalm im Tegernseer Tal an. Ergänzend machte die Gastgeberin aber deutlich:
Es darf keinen Promi-Bonus geben. Aber es ist falsch, stattdessen sofort einen Malus auszusprechen.
Aigner forderte vielmehr abseits der bestehenden Ressentiments Wege zu finden, gemeinsam dieses einzigartige Bauwerk den Menschen weiter als Einkehrstätte zu Verfügung zu stellen.
Meyer positioniert sich pro Neuer/Rabl
Eigentlicher Gastgeber des Ortstermins ist Johann Böhm, Präsident der Stiftung Kulturerbe. Der ehemalige Präsident des Bayerischen Landtags kam mit zahlreichen Begleitern, bestehend aus Architekten und Experten des Denkmalschutzes zum Forsthaus. Man wolle sich einen Eindruck von dem Forsthaus verschaffen und das Projekt der Investoren kennenlernen, erklärte Böhm.
Jörg Meyer von den Bayerischen Staatsforsten positionierte sich schon in seiner Begrüßung klar: “Wir stehen hinter dem Projekt der beiden Investoren. Die Pläne für das Forsthaus haben uns überzeugt. Aber natürlich freuen wir uns auch über das Interesse der Kulturerbe Stiftung. Jeder Experten-Input kann helfen.”
An der Besichtigung der Gebäude des Forsthauses nahm auch der Kreisbaumeister und erster Denkmalschützer Christian Boiger teil. Boiger outete sich dabei als Fan des Forsthauses. Eine Restaurierung des Ensembles wolle er und seine Behörde “wohlwollend” begleiten, wie er sagte. Mit Rabl und Neuer steht die Denkmalschutz-Abteilung seit einiger Zeit in Kontakt. Die allgemeine Stimmung schwankte bei der Begehung zwischen purer Liebe und tiefer Besorgnis. Böhm von der Kulturerbe-Stiftung zeigte sich sichtlich beeindruckt:
Das ist so ein wunderbares Gebäude. Dieses Forsthaus ist einzigartig in seiner Architektur und gehört zu den ganz besonders schützenswerten Denkmälern in Bayern.
Noch einen Winter übersteht das Dach nicht
Doch wie wichtig es ist, schnell und umfassend mit der Rettung des Gebäudes zu starten, wurde bei der Führung durch drei Stockwerke des Haupthauses für alle deutlich. Meyer betonte die Dringlichkeit mit den Arbeiten zu beginnen.”Das Dach wird wohl dem nächsten Winter kaum noch standhalten. Bereits jetzt sind durch den Wassereinbruch die Böden und andere historische Details auf immer verloren.”
Auch Aigner, die eigener Aussage nach zwischen den Gegnern des Projektes und den Befürwortern auf Seiten des Landratsamtes, der Staatsforsten und der Politik vermitteln will, sieht den Zeitdruck, unter dem dieses Projekt steht: „Ich bin voller Hoffnung, dass alle miteinander schnell eine gute und einvernehmliche Lösung finden werden.“
Aus Gegnern könnten Partner werden
Investor Manuel Neuer war gestern für den persönlichen Austausch mit Böhm, Aigner und den Fachleuten zuständig. Derweil wendete sich sein Partner Rabl mit einem Appell an die anwesenden Experten der Stiftung:
Wir wollen hier oben keine exklusive Eventlocation für die Reichen schaffen. Wir wollen die Heimat schützen und die Tradition des Berggasthauses weiterführen. Wir sind dabei für jede Unterstützung dankbar.
Böhm und seine Kollegen zeigten sich jedenfalls sehr interessiert, ihre Expertise in die Rettung des Forsthauses einzubringen. Auch erste Treffen wurden bereits vereinbart. Es schien, dass durch den gemeinsamen Ortstermin aus vermeintlichen Gegnern in naher Zukunft ein Team werden könnte.
Bauausschuss in Schliersee spielt auf Zeit
Doch aller Synergien des Nachmittages zum Trotz, stoppte gestern Abend der Schlierseer Bauausschuss den Elan der Investoren Neuer/Rabl. In der Sitzung sollte final über den Antrag auf Vorbescheid für die Projektentwicklung des Gesamtensembles Forsthaus Valepp entschieden werden.
Rabl und Neuer hatten eigenen Angaben zufolge alle Wünsche der Gemeinde in den Plänen berücksichtigt. Die Zustimmung schien reine Formsache. Doch wurde die Entscheidung ohne Diskussion vertagt. Mit 4:3 Stimmen verhinderte ein neu gestellter Antrag des Grünen-Vertreters im Gremium die Abstimmung über den Vorbescheid.
Die Vertagung erwischte Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer und die anwesenden Rabl und Meyer kalt. Mit einem solchen Vorgehen hatten sie nicht gerechnet, was auch der Bürgermeister deutlich machte:
Wie ihr wisst, stehe ich voll hinter dem Projekt. Es ist sehr schade, dass das jetzt hier so gelaufen ist. Wir müssen uns nicht wundern, wenn sich immer wieder Investoren von Schliersee abwenden.
So überraschend kam die abgestimmte “Boykottaktion” der vier Mitglieder der “Grünen” und “Der Schlierseer” im Bauausschuss allerdings dann doch nicht. Im Vorfeld hatte besonders die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) öffentlich dazu aufgerufen, weitere Entscheidungen “pro Investor” zu verhindern, bis sich die Kulturerbe Bayern Stiftung gegen die Übernahme des Forsthauses ausspricht oder die Petition im Haushaltsausschuss des Landtags entschieden sei.
So kommt es voraussichtlich erst am 2. Juni beim nächsten Zusammenkommen des Schlierseer Bauausschusses zu einer Entscheidung über den Vorbescheid. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Investoren und das Forsthaus dieses Zeitspiel stemmen können und wollen.
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