Auf goldenem Boden

Handwerk hat goldenen Boden unter den Füßen – das besagt ein altes Sprichwort. Auch im Tal ist diese Branche aktuell wieder auf dem Vormarsch. Wir haben uns mal umgesehen und verschiedene Handwerker besucht. Heute der Goldschmied Thomas Scheingraber im Interview.

Thomas Scheingraber in seinem Juweliergeschäft in Bad Wiessee / Marion Bürkner

So besagt es ein altes Sprichwort: Handwerk hat golden Boden unter den Füßen – Vielleicht nicht gerade unter den Füßen, dafür in der Hand hat Thomas Scheingraber aus Bad Wiessee tatsächlich Gold und anderes Edelmetall. Der gebürtige Gmundner ist nämlich Goldschmiedemeister aus Leidenschaft. Ein uraltes Handwerk, das längst in der Neuzeit angekommen ist. Ich habe ihn gefragt, warum er Goldschmied geworden ist und was ihm an seinem Beruf gefällt.

Tegernseer Stimme: Herr Scheingraber, wie kam es, dass Sie Goldschmied geworden sind?

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Thomas Scheingraber: Als ich in der zwölften Klasse am Gymnasium war, habe ich mir überlegt, was ich nach dem Abitur machen will. Dabei ging ich nach dem Ausschlussverfahren vor. Meine schulischen Stärken lagen im Sport und bei der Kunst. Also sah ich mir zuerst die entsprechenden Studiengänge an. Doch die waren mir zu trocken.

Welche Möglichkeiten gab es ohne Studium, war meine nächste Frage. Da fiel Sport schnell raus und Kunst blieb übrig. Nun stand ich vor der Wahl: Goldschmied oder Restaurator? Da ich gerne kreativ sein wollte, entschied ich mich für eine Goldschmiedelehre.

Tegernseer Stimme: Erzählen Sie von Ihrer Ausbildung!

Thomas Scheingraber: Als erstes habe ich ein einwöchiges Praktikum beim Juwelier Heiden in München gemacht. Die Königlich Bayerische Hofgoldschmiede gehört zu den renommiertesten Goldschmieden Deutschlands und hatte damals seinen Sitz im Bayerischen Hof. Der damalige Senior-Chef Albrecht Heiden war zudem lange Jahre Innungsobermeister der Gold- und Silberschmiedeinnung.

Was ich in dieser Woche gesehen habe, hat mir gut gefallen und ich habe angefragt, ob sie mich nehmen würden. Nach der Zusage, war für mich klar: Ich werde Goldschmied. Im Sommer 1986 habe ich mein Abitur gemacht und im September meine Lehre beim Juwelier Heiden in München angefangen. Die Lehre zum Goldschmied dauert dreieinhalb Jahre. Dann macht man seine Gesellenprüfung und erhält den Gesellenbrief.

Der Arbeitsplatz von Goldschmied Thomas Scheingraber in Bad Wiessee / Marion Bürkner

Nach bestandener Gesellenprüfung wollte ich mich ein wenig umsehen, wie andere Goldschmiede arbeiten. Ich war ein Jahr lang beim Juwelier Krumtünger in Rosenheim – ebenfalls ein angestammtes Familienunternehmen. Danach arbeitete ich ein Jahr bei der Gold- und Platinschmiede von Anton Rucker in Ottobrunn und ging dann für zweieinhalb Jahre zu Blank hier am Tegernsee. Im Anschluss habe ich mich bei der Meisterschule in München, dem BBZ, angemeldet. Die Meisterschule ist auf ein Jahr in Vollzeit angelegt und endet mit der Meisterprüfung.

Mit dem Meisterbrief in der Hand habe ich mich dann mit Hilfe eines Jungunternehmerkredits selbstständig gemacht. Am Anfang hatte ich nur einen kleinen Werkstattbetrieb – das heißt, ich habe in meiner Werkstatt Auftragsarbeiten für Kunden und andere Juweliere gemacht. Bald darauf habe ich meine Frau kennengelernt und den Laden eröffnet. Doch auch heute noch mache ich in meiner Werkstatt Auftragsarbeiten für andere Juwelier. Daneben entwerfe ich eigene Kreationen und individuelle Schmuckstücke für Privatkunden. Ein weiteres Spektrum sind Reparaturen, z. B. wenn eine Kette gerissen ist.

Tegernseer Stimme: Was begeistert Sie an Ihrem Beruf?

Thomas Scheingraber: In erster Linie ist es die kreative Arbeit. Die Goldschmiedekunst vereint viel Wissen. Da spielen Mathematik, Geometrie, Chemie und Physik eine wichtige Rolle. Dabei muss ich zugeben, dass ich in der Schule in Mathe nie besonders gut war. Aber im Zusammenspiel und am praktischen Beispiel ist es nicht schwer.

Der Goldschmied bei der Arbeit. Hier repariert Thomas Scheingraber gerade ein gerissenes Armkettchen / Marion Bürkner

Außerdem macht es mir persönlich wahnsinnig Spaß, zusammen mit dem Kunden etwas zu erarbeiten – seine Wünsche und mein Wissen zu verbinden, um etwas Schönes zu erschaffen. Mein Ziel ist es, dass der Kunde am Ende zufrieden aus meinem Laden geht. Und am besten kommt er irgendwann wieder und erzählt es auch seinen Freunden und Bekannten. Eine solche Werbung ist viel besser, als irgendeine Anzeige.

Tegernseer Stimme: Wie hat sich der Beruf des Goldschmieds in den letzten Jahren verändert? Welche Trends gibt es?

Thomas Scheingraber: Selbst bei einem so alten Handwerk wie der Goldschmiedekunst bleibt die Entwicklung nicht stehen. Heute arbeiten viele Goldschmiede schon mit Computern und Lasern. Der Goldschmied entwirft den Schmuck am Computer.

Im 3-D-Plotter wird ein Wachsmodell geplottet und anschließend gegossen. Das hat zwar nicht mehr viel mit echtem Handwerk zu tun, doch so ist nun mal der Zeitgeist. Ich arbeite lieber mit meinen Händen und das sieht man auch. Aber das macht mir einfach mehr Spaß.

Vielen Dank fürs Gespräch.

Der Goldschmied

Das Schmieden von Gold und anderem Edelmetall ist ein uraltes Kunsthandwerk. Bereits im fünften Jahrtausend vor Christus wurden in Europa Schmuck, Prunkwaffen und Kultgeräte aus edlen Metallen hergestellt. Es ist eine Fertigkeit, die handwerkliches Geschick und künstlerisch, kreative Fähigkeiten gleichermaßen verlangt. Heute besteht die Tätigkeit eines Goldschmieds vor allem in der Anfertigung, Wartung und Reparatur von qualitativ hochwertigem Unikatschmuck, von eigenen Entwürfen bis zur Umsetzung von Kundenwünschen.

Oft beinhaltet die Tätigkeit auch die Bearbeitung des jeweiligen Materials: Vom Legieren, Schmelzen, Gießen und Walzen bis hin zu sonstigen Verarbeitungsprozessen, wie beispielsweise Schmieden, Hartlöten, Nieten, Schweißen, Gravieren und Punzieren. Goldschmiede erschaffen Einzelstücke, die sich durch ihr individuelles Design klar von industriellen Massenprodukten absetzen und dadurch Trends überdauern und einen bleibenden Wert darstellen.

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