Bürgermeister besorgt über Wohnungsnot

Der Immobilienmarkt am Tegernsee ist überlastet. Das schlägt sich seit Jahren auch auf die Preise nieder. Eine normale Wohnung mieten? Fast schon Luxus. Zuletzt schlug die Landkreis-SPD fünf Maßnahmen gegen diese Entwicklung vor. Doch die Tal-Bürgermeister sehen das kritisch.

Was halten die Tal-Bürgermeister Christian Köck, Johannes Hagn und Robert Huber von den aktuellen Entwicklungen des Immobilienmarkts am Tegernsee?

Die aktuellen Berichte zum Immobilienmarkt im Landkreis Miesbach machen deutlich: die schon jetzt enorm hohe Nachfrage wird weiter steigen. Damit einher gehen Wucherpreise – egal, ob bei Miet- oder Kaufobjekten. Besonders der Immobilienmarkt im Tegernseer Tal ist überlastet. Wie berichtet, will die Landkreis-SPD dieser Entwicklung mit fünf Maßnahmen entgegenwirken:

  1. Mehrgeschossiges Bauen soll stärker forciert werden.
  2. Mehr Tiefgaragen werden gefordert – nach dem Motto: „Autos drunter, Wohnungen drüber!“
  3. Eine verpflichtende Preisbindung, um die Überhitzung des Immobilienmarktes zu stoppen.
  4. Gemeinden sollen alle Maßnahmen ergreifen, um Sozialwohnungsbauprojekte anzustoßen. Zudem wird die Gründung einer regionalen Wohnungsbaugesellschaft vorgeschlagen.
  5. Gemeinden sollen keinen Grund verkaufen, sondern nur noch in Erbpacht anbieten dürfen.

Doch wie schätzen die Tal-Bürgermeister die aktuelle Entwicklung des Immobilienmarkts ein und halten sie den Maßnahmen-Katalog der Landkreis-SPD für sinnvoll?

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Rottach-Egern

„Es ist unbestritten, dass die Preise hier im Landkreis durch die Decke gehen“, macht Rottachs Bürgermeister Christian Köck (CSU) deutlich. Laut dem aktuellen Immobilienbericht der HypoVereinsbank ist Rottach-Egern die teuerste Tal-Gemeinde (wir berichteten). „Für uns ist es wirklich alarmierend, dass solche Preise überhaupt bezahlt werden und für Einheimische wird es natürlich dadurch umso schwieriger, Wohnraum zu finden, der passt und auch bezahlbar ist“, weiß auch Köck.

Ob mehr Tiefgaragen und mehrstöckiges Bauen allerdings auf Dauer die Lösung sind, bezweifelt er. „Man muss natürlich bedenken, dass die Situation in jeder Gemeinde auch sehr unterschiedlich ist. Wir hier im Tegernseer Tal wollen den Spagat schaffen, auf der einen Seite touristisch attraktiv zu bleiben, auf der anderen Seite aber auch Wohnraum zu schaffen.“ Bauprojekte müssen sich laut Köck daher auch in das Ortsbild einfügen:

Wir wollen hier ja keine Plattenbausiedlungen.

Für Köck sei jedoch auch klar, dass die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum stetig ansteigt. „Wir merken natürlich, dass die jetzige Anzahl an Gemeindewohnungen nicht mehr ausreicht.“ Neben den Wohnbauprojekten, die er bereits in der vergangenen Bürgerversammlung vorgestellt habe (hier geht’s zum Artikel), habe man auch noch ein weiteres großes Projekt in der Pipeline: „Wir überlegen, das Grundstück hinter dem Feuerwehrhaus zu teilen, damit dort Einheimische ihr Häuschen drauf bauen können, oder eben eine größere Einheit mit Eigentumswohnungen für Einheimische zu schaffen.“ Genaueres stehe zwar noch nicht fest, doch ein Architekt prüfe derzeit die Möglichkeiten. „Das Projekt befindet sich in der Planung“, verspricht Rottachs Bürgermeister.

Tegernsee

Die aktuelle Lage des Immobilienmarkts im Tal ist auch für Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) ein akutes Thema: „Die Situation ist vor allem für Geringverdiener dramatisch.“ Die Auswirkungen seien deutlich im Alltag spürbar. „So ist in der Gastronomie kaum noch Personal zu bekommen, wenn man nicht auch Personalwohnungen zur Verfügung stellt“, nennt Hagn eines der Beispiele.

Dem Vorschlag der SPD, mehrgeschossiges Bauen und Tiefgaragen stärker zu forcieren, steht Hagn allerdings zwiegespalten gegenüber. „Mehr bauen bedeutet auch mehr Flächenverbrauch. Größere Häuser verändern die Struktur unserer Ortschaften bei der Höhenentwicklung.“ Dabei dürfe nicht vergessen werden:

Ein Mehr an Einwohnern bedeutet auch ein Mehr an Verkehr.

Die Auswirkungen auf die gesamte Infrastruktur, wie beispielsweise Schulen und Kindergärten, müssen dabei ebenfalls in die zu führende Diskussion mit einfließen. Was das Thema Parken angeht, kann Hagn den SPD-Vorschlag allerdings nachvollziehen: „Tiefgaragen machen durchaus Sinn – wenn eine Verdichtung der Baumasse dann auch in das Umfeld passt und diese nicht nur der Gewinnoptimierung dient.“

Insgesamt einundzwanzig Wohnungen im Tegernseer Modell am ehemaligen Krankenhausgelände an der Hochfeldstraße wurden an Tegernseer Bürger verkauft. / Bild: planquadr.at

Von dem Vorschlag, dass Gemeinden keinen Grund mehr verkaufen dürfen, hält Tegernsees Bürgermeister wenig: „Ein solches Verbot wäre ein nicht hinzunehmender Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Grund und Boden sind unser kostbarstes Gut und wir Kommunen müssen die Kontrolle darüber behalten – immer.“

Umso wichtiger sei es, den kommunalen Wohnungsbau weiter zu fördern. „Die Stadt Tegernsee hat in den letzten fünfzehn Jahren mehrere Objekte gekauft und gesichert. Die Stadt besitzt inzwischen 155 eigene Wohnungen. Auch hat das E-Werk 34 Wohnungen im eigenen Bestand. Die Bau- und Siedlungsgenossenschaft noch einmal etwa 80 Wohnungen.“ Man sei sich im Tegernseer Stadtrat einig, dass der kommunale Wohnungsbau in Tegernsee weiter priorisiert wird.

Bad Wiessee:

Auch Robert Huber, amtierender Bürgermeister in Bad Wiessee, ist sich der Problematik bewusst: „Für ‚Normalverdiener‘ ist der Erwerb von Eigentum äußerst schwierig. Die aktuellen Preise erscheinen sehr hoch, sie spiegeln aber auch die hohe Attraktivität der Region.“ Die Gemeinden im Tal stehen vor einer Mammutaufgabe, denn Huber betont: „Die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum war in der Vergangenheit schwierig und ist zurzeit schwer.“

Um diesbezüglich handlungsfähig zu sein und als Gemeinde tätig werden zu können, müsse man als Kommune über entsprechend geeignete Grundstücke verfügen. „Danach ist zu entscheiden, ob man bezahlbaren Mietwohnungsbau oder Eigentumswohnungen errichten möchte. Beides ist nicht einfach“, gibt Wiessees Bürgermeister zu.

Einheimische und Zweitwohnsitzler ebenfalls in der Verantwortung

Für diese Aufgabe hat die Gemeinde im Jahr 2014 das Kommunalunternehmen (KU) gegründet: „Satzungsgemäßer Auftrag für das KU ist es, den Wohnungsbestand sozialverträglich zu bewirtschaften. Das heißt, Ziel sind gesunder und sicherer Wohnraum zu sozialverträglichen Mieten.“ Im Bereich der Modernisierungen werden laut Huber Förderdarlehen zur Finanzierung eingesetzt und darauf geachtet, dass die Mieten auch nach der Modernisierung bezahlbar bleiben. „Beim Neubau auf gemeindeeigenen Grundstücken greifen wir auf Fördermittel der Staatsregierung zurück, um tragbare Mieten anbieten zu können.“

Etwa 3 Millionen Euro investierte das Wiesseer
Kommunalunternehmen (KU) in das Mehrgenerationenhaus an der Dr.-Scheid-Straße. / Foto: Klaus Wiendl

Bezüglich der der vorgeschlagenen Maßnahmen seiner SPD-Kollegen, äußert sich Huber etwas vorsichtiger als die anderen Bürgermeister. So sehe er eine verpflichtende Preisbindung in einzelnen städtebaulichen Verträgen als geeignete Regelung. Bezüglich des mehrgeschossigen Bauens betont Huber grundsätzlich: „Grund und Boden lassen sich nicht beliebig vermehren. Die effiziente Nutzung, im Kontext von Landschaftsschutz und Ortsgestaltung, ist oberstes Gebot.“

In Zusammenhang mit dem stark belasteten Immobilienmarkt am See, appelliert Huber aber auch nochmal an die Vernunft der Einheimischen: „Schön wäre es, wenn sich auch andere Grundstückseigentümer auf unsere Bayerische Verfassung rückbesinnen würden.“ Dort stehe nicht nur, dass das Eigentumsrecht gewährleistet wird, sondern auch, dass Eigentum verpflichtet und der Eigentumsgebrauch dem Gemeinwohl dienen soll.

Bezahlbarer Wohnraum ist nicht nur Aufgabe der Gemeinden.

Auch lässt es sich Huber nicht nehmen, die Zweitwohnungsbesitzer zur Verantwortung zu ziehen. „ Vermietet eure Wohnungen bitte dauerhaft zu sozialverträglichen Mieten und nutzt die Mieterträge, das gesparte Hausgeld und die gesparte Zweitwohnsitzsteuer, um euch bei unseren wunderbaren Gastgebern für die schönste Zeit im Jahr oder auch regelmäßig für ein paar Tage einzumieten.“

Davon profitieren würden alle: „Die einheimische Bevölkerung, die Gastgeber, die Gemeinde und der Gast selbst am allermeisten, der seinen Aufenthalt dann von Anfang an genießen kann!“, so Huber abschließend.

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