Das dünne Eis der Staatsanwaltschaft

Vergangen sind inzwischen zwölf Verhandlungstage in der Miesbacher Amigoaffäre rund um Kreidl, Bromme und Co. Sie gewährten entlarvende Einblicke im Umgang mit Sparergeldern, die gerne für Prassereien ausgegeben wurden. Doch juristisch sind sie kein Straftatbestand – wie so vieles nicht, was die vier Beschuldigten auf die Anklagebank brachte. Ein Rückblick.

Links im Bild: Jakob Kreidl und Georg Bromme mit ihren Anwälten. Rechts: Die Oberstaatsanwälte Jürgen Rohrmüller und Stephan Necking. / Fotos: K. Wiendl

Prominent sitzen sie in der ersten Reihe des Gerichtssaals, der langjährige Sparkassen-Chef Georg Bromme und der einstige CSU-Landrat und Sparkassen-Verwaltungsrats-Chef Jakob Kreidl. Dahinter eher die Randfiguren der einst hochstilisierten Sponsoring-Affäre, der amtierende Sparkassen-Chef Martin Mihalovits sowie der Ex-Vorstand für kurze Zeit, Roland Böck. Für sie zeigt sich nun nach fast fünf Jahren, als die Affäre mit einer großangelegten Razzia aufflog: Die überwiegende Mehrheit der einst 16 Anklagepunkte ist entweder verjährt oder für das Gericht nicht relevant genug.

So spricht selbst Oberstaatsanwalt Jürgen Rohrmüller für die beiden Hauptangeklagten nach einigen Rechtsgesprächen nur noch von Bewährungsstrafen. Selbst Richter Alexander Kalomiris steckt schon den Rahmen ab, in dem sich sein späteres Urteil bewegen würde. Für Bromme könnten es eineinhalb bis zwei Jahre Haft auf Bewährung werden, für Kreidl ein bis eineinhalb Jahre. Doch beiden Beamten im Ruhestand drohen bei Bewährungsstrafen im genannten Rahmen noch disziplinarische Konsequenzen, gekürzte oder gestrichene Pensionen.

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Nur mit einer Geldstrafe dagegen könnte Mihalovits davonkommen. Denn der 49-Jährige wurde als Sanierer für Bromme nach Miesbach geholt, nachdem sich nicht nur dessen selbstherrlicher Führungsstil, sondern auch sein Gebaren als großzügiger Spender herumgesprochen hatte. Für Böck reicht es womöglich nur noch zu einer Verwarnung.

Ausufernde Geburtstagsfeier „ohne Vorsatz“

Zwar stehen noch 23 Prozesstage aus, nachdem zuletzt weitere bis Ende März angesetzt wurden, doch die schwerwiegendsten und teuersten Vorwürfe von Untreue, Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme, sind nahezu abgehakt, sie fallen für das Gericht kaum mehr ins Gewicht. Vom Tisch sind die größten Posten für Brommes Sparkasse, sowohl das millionenschwere Grundstücksgeschäft in Holzkirchen, das Bromme mit großzügigen Spenden an die Marktgemeinde flankiert hatte, wie auch sein lukrativer Beratervertrag.

Gleiches gilt wohl für Kreidl und seiner 60. Geburtstagsfeier im Jahr 2012 für rund 120.000 Euro. Den größten Teil davon übernahm die Sparkasse, den geringeren Teil mit 33.200 Euro der Landkreis: Den geringsten Teil davon mit 7.600 Euro zahlte der Jubilar selbst. Hier sei von den Angeklagten „kein Vorsatz“ erkennbar gewesen, befand das Gericht.

VIP-Tickets für alle zur Ski-WM

Nicht ganz ausgestanden ist wohl noch die Bürgermeisterfahrt mit Ehefrauen nach Serfaus und Interlaken im Frühjahr des gleichen Jahres. Abgestiegen im 5-Sterne-Grand-Hotel verursachte sie Kosten von 85.200 Euro. Diese luxuriöse Reise mit immensen Bewirtungskosten könnte noch ein Nachspiel haben, da offensichtlich die Verantwortlichkeit und die tatsächliche Schadenshöhe von der Wirtschaftskammer noch geklärt und zugeordnet werden müsse, wie die Tegernseer Stimme erfuhr.

Ansonsten bleiben weiter im Fokus des Gerichts die Gelegenheitsgeschenke in den Jahren 2010 und 2011. Bromme bedachte damit Teile seines Vorstands sowie alle Mitglieder des Verwaltungsrats. „Er verteilte die Geschenke, oft ohne konkreten Anlass, willkürlich und beschenkte sich auch selbst“, so die Staatsanwaltschaft. Und dies nicht unbescheiden. So zweigte Bromme auf Kosten seiner Sparkasse für sich einen Gutschein in Höhe von 1.000 Euro ab, eine Kamera für 800 Euro, ein Löffelset im Wert von 872 Euro und VIP-Tickets für 521 Euro zur Ski-WM. Diese Tickets spendierte Bromme auch seinem Verwaltungsrat.

Desweiteren stehen noch auf der Agenda des Vorsitzenden Richters der Schießstand in Achenkirch und die Verwaltungsratsfahrten nach Wien und ins Stubai in den Jahren 2011 und 2013. Ab 7. Januar wird es um diese Anklagepunkte im Prozess gehen, der zumindest eines offenbart: die Selbstbedienungsmentalität der damaligen Funktionärsebene.

 

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