Was der Saurüssel-Alm Beschluss bedeutet
Ein Beschluss, keine Klatsche

Der Ärger mit der Saurüsselalm geht weiter. Am Montag hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufungsklagen des Vereins zum Schutz der Bergwelt (VzSB) als auch von Alm-Eigentümer Franz Haslberger zugelassen. Riecht das nach Sensation und Klatsche für den Betonbaron?

Gäste auf der Saurüsselalm

Das Urteil eines Gerichts wird von einer höheren Instanz vom Tisch gefegt. Das ist für uns Laien immer eine Besonderheit. Meist vermuten wir eh, dass die Herrschaften in der schwarzen Robe unter einer Decke stecken, einander keine Augen auskratzen. Aber genau hier liegen wir oftmals falsch. Im Juni 2022 urteilt die Richterin Cornelia Dürig-Friedl am Verwaltungsgericht München: Die Klage des Vereins gegen die Genehmigung der Alm durch das Landratsamt Miesbach wird abgewiesen. Lediglich die mit der Gemeinde vereinbarten 15 Sonderveranstaltungen pro Jahr für geschlossene Gesellschaften mit Shuttleservice dürften nicht stattfinden. Beide Seiten, der Eigentümer Haslberger wie auch der Verein zum Schutz der Bergwelt, waren nicht zufrieden mit diesem Urteil. Speziell Haslbergers Pächter Martin Frühauf sah seine kommerziellen Felle davonschwimmen. Denn exakt diese Sonderveranstaltungen (Slogan: “Auf der Saurüsselalm lässt es sich traumhaft hochleben”) bringen den Umsatz, der ein lukratives Geschäft ermöglicht. Andernfalls rauscht der Gastronom krachend vom Erfolgshang hinunter ins Tal der Profit-Tränen. Frühauf sitzt, das muss man zu seiner Verteidigung sagen, zwischen allen Bierbänken. Ein halsstarriger Eigentümer Haslberger, eine erwartungsfrohe Klientel und eine zuweilen irrlichternde Lokalpolitik – das kostet Kraft.

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Haslbergers Videoüberwachung im Söllbachtal

Und nun sagt der Richter am Verwaltungsgerichtshof (“VGH”), er habe “ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils”. Uiii. Das klingt nach Klatsche. Aber – ist es nicht. Fünf Gründe kann der VGH anbringen, um ein Urteil der ersten Instanz anzugehen. Da gibt es z.B. als Grund den Präzedenzfall, also die Größe und Bedeutung des Falls. Im Fall Saurüsselalm ist es eben “die Richtigkeit des Urteils”. Experten der Materie sprechen von bis zu zehn Prozent kassierter Urteile durch das VGH pro Jahr. Voraussetzung: Die Anwälte, die Berufung einlegten, konnten ausführlich und überzeugend ihre Begründung darlegen. Es ist jetzt also wieder alles offen. Richter Dr. Jörg Singer vom VGH rechnet mit weiteren Monaten, bis es hier zu einem neuen Urteil kommt. Hinter vorgehaltener Hand aber erklären uns Richter schon, dass es dem Juristen-Ego nicht guttut, wenn man nach ausführlicher Begehung und Beratung mit Kollegen zu einem Urteil kommt, es länglich verfasst und es dann vom VGH in seiner “Richtigkeit” angegriffen wird. Der Richterin Cornelia Dürig-Friedl, die im Landkreis immer mal wieder auftauchte und recht selbstbewusst auftrat, kann das wurscht sein. Sie ist mittlerweile im Ruhestand.

Aber was heißt das für die Streitparteien? Die eine Seite, der Verein zur Rettung der Bergwelt wie auch die Schutzgemeinschaft, verbucht das als ersten Sieg. Und in der Tat: Lediglich die wackeren Streiter der SGT und des Vereins zur Bergwelt, sowie betroffene Anwohner leisten dem expansiven Baudrang des Betonbarons Widerstand. Von Haslberger ist derweil wenig zu hören. Der Freisinger Unternehmer mit Hang zur Hirschliebe hat gerade keinen guten Lauf. Seine Furt musste er zurückbauen, das Wasser auf der Saurüsselalm wurde in trockenen Wochen so knapp, dass man schließen musste. Und seine teuer renovierte Söllbachklause sollte eigentlich schon Mitte des Jahres eröffnen. Sie steht immer noch verschlossen am Ufer des Bachs. Ab und an schaut der örtliche Bauausschuss vorbei.

Ab und an kommen Lokalpolitiker vorbei und prüfen…

Dann sind da die Parteien, die nicht direkt im Rechtsstreit beteiligt waren, aber dennoch vom Urteil berührt werden: Da ist zuerst der Wiesseer Bürgermeister Robert Kühn zu nennen. Er war mit frischem Elan in die Zusammenarbeit mit dem Betonbaron gestartet, zeigt sich auch immer wieder oben auf der Saurüsselalm. Nur – Haslbergers Verhältnis zum Gemeindechef soll, wie man hört, gelitten haben. Auch Haslbergers Freunde im Gemeinderat sind auffallend still geworden. Zu oft wurde ihnen der Zirkus um die Selbstherrlichkeiten des Betonbarons persönlich vorgeworfen. Haslberger, so wird berichtet, schätzt und belohnt Nibelungentreue.

Die scheint derzeit nicht jeder geben zu wollen. Auch die Haslberger-Unterstützer um Landrat Olaf von Löwis pressen die Lippen zusammen, wenn es auf dessen Bauprojekte zwischen Kreuth und Marienstein geht. Selbstherrliche Projekte an der Mehrheit der Bürger vorbei durchzuziehen – das geht nicht mehr so leicht. Das kostet selbst in Bayern mittlerweile Akzeptanz in der Bevölkerung. Kritiker jenseits der klagenden Vereine sehen in der schwachen Führung von Politik und Verwaltung im Landkreis die wahren Gründe für den Zirkus am Westufer. Weniger Umarmen – mehr konsequentes, für alle nachvollziehbares, und vor allem gleiches Agieren bei Bauprojekten im absoluten Außenbereich – genauer in unserer Heimat, das wünschen sich derzeit viele von Bad Wiessee und Miesbach…    

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