Seit Jahren kurvt Stefan Hafner in 1.100 Metern Höhe wie ein Rallye-Fahrer durch seine Küche, steht Stefanie Hafner mit Charme und Herzlichkeit im Dienst ihrer Gäste, streichelt Beni Hafner hier oben wie kein anderer seine Gitarre. Seit fast 19 Jahren widmen Steffi und Stefan Hafner ihre Zeit dem Leben auf der Alm. Mit viel Herzblut haben die beiden im August 2000 aus dem einstigen „Café Dix“ einen Schmankerl-Ort für Gourmets gemacht.
Frisch zubereitete Menüs in luftiger Höhe, romantische Hüttenabende, Familien- und Firmenfeiern gehören zum Konzept des Wirte-Ehepaars. Damit soll am 31. Januar 2019 Schluss sein. Stefanie (50) und Stefan Hafner (57) haben nach reiflicher Überlegung beschlossen, ihr Restaurant aufzugeben und die Alm so umzubauen, dass sie selbst, aber auch Sohnemann Beni, heimelig darin wohnen können. Schließlich muss sich auch die Deckenhöhe der Küche den Wohnanforderungen entsprechend anpassen.
Wo Liebhaber gezielt ein und aus gehen
Die Alm, die vom Regisseur und Naturfilmer Norman Dix im Jahr 1935 erbaut und betrieben wurde, hat den Hafners bislang viele unvergessliche Momente beschert. Unter den Gästen waren neben den üblichen Wanderern auch viele prominente Gäste. Tennislegende Boris Becker beispielsweise. Der ehemalige Wimbledon-Sieger nächtigte mit seinem Sohn Elias sogar auf der Eckbank. Genauso wie Ex-Torhüter Oliver Kahn.
Fußballstars wie Philipp Lahm oder Manuel Neuer nahmen den Aufstieg zur Hafner-Alm genauso in Kauf wie Scheichs, Schauspieler und Sänger. Bernd Herzsprung, Fritz Wepper, Hotelier Thomas Althoff, aber auch die US-amerikanische Sängerin Jennifer Paige ließen sich vom alpenländischen Flair und der Herzlichkeit der Hafners bezaubern.
Auch Walter Röhrl legt Senkrechtgang ein
Und „Dem Langen“, wie Rallyefahrer Walter Röhrl genannt wurde, müssen hier oben bei soviel Entschleunigung die „Tränen der Ergriffenheit“ senkrecht zum Ohr hin abgeflossen sein. Stück für Stück haben Steffi und Stefan Hafner ihren abseits der Wanderwege gelegenen Betrieb im Laufe der Jahre renoviert.
Einen Namen hat sich das Wirte-Ehepaar vor allem mit seiner „durchgängig warmen Küche“ gemacht. Aber auch mit seiner Liebe zu Tieren. Katzen, Mini Ponys, Hängebauchschweine und Graupapageien fanden bei den Hafners ein Zuhause. Zu Hoch-Zeiten waren es 80 an der Zahl. Übriggeblieben sind etwa 35.
Wally wird zum Wadlbeißer
Ob verletzte Eichhörnchen, Raben oder Siebenschläfer – bei den Hafners gab’s auch für sie einen Platz. Sie tranken – wie auch ein Teil der übrigen Gäste, aus der Flasche. Solange, bis sie genesen und „großgezogen“ waren. Hausschwein Wally hat es seinen Herbergseltern gedankt, indem es auf „Sitz“ hörte.
Dass Wally bei Schweinsbraten zum Wadlbeißer wurde, nahm ihm vielleicht der in den Klemmen der Schweinszähne hängende Gast übel, nicht aber seine Pflegeeltern. Rast machte eines Tages auch ein Hirsch bei den Hafners. Er war von einem Hund im Tiefschnee beinahe zu Tode gehetzt worden und brauchte einen warmen Ort, um sich regenerieren zu können.
Die Hafner-Alm als Wolfsalm
Das „meistfotografierte Tier im Tal“ aber war der tschechische Wolfshund „Orca“. Er wurde zum Wahrzeichen der Alm und eroberte die Herzen der Gäste im Sturm. Heute hat Wolfshund Barney diese Rolle inne. Dank ihm kennen die Hafners keine Angst. So fühlte sich Stefan Hafner auch in dem Moment beschützt, als eines Tages zwei bewaffnete Herren in seiner Küche standen. Er erinnert sich:
„Legen Sie das Messer weg, und gehen Sie einen Schritt zurück“, forderten die Polizeibeamten ihn damals auf. Dann musste Stefan Hafner mit ansehen, wie sein Koch verhaftet wurde. Doch durch den Einsatz der Hafners, im Bestreben darum, es allen Gästen recht zu machen, gingen im Laufe der Jahre ein Stück weit deren eigene Kräfte verloren.
Keine leichte Entscheidung
„Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören“, fasst Stefan Hafner die Entscheidung zusammen, die Alm für die Öffentlichkeit ab Januar 2019 unzugänglich zu machen. Er und seine Frau würden diesen Schritt schweren Herzens gehen. Nach „sehr arbeitsintensiven Jahren ohne Urlaub“ habe man sich aber nun vorgenommen, zu „leben“, sagt Stefan Hafner.
Radlfahren, soziale Kontakte pflegen, Einladungen annehmen, aufs Waldfest gehen, über den Weihnachtsmarkt schlendern, Benis Konzerte besuchen, per Wohnmobil Deutschland erkunden – alles Dinge, die bisher unmöglich waren, und die das Ehepaar jetzt genießen will. Dieser Gedanke sei in diesem Sommer gereift. Bei Temperaturen in der Küche von bis zu 56 Grad Celsius habe er gesundheitliche Probleme bekommen.
„Ich dachte, mich haut’s um“, sagt Stefan Hafner. Obwohl das Geschäft sehr gut laufe, sei ihm bewusst geworden, dass etwas passieren muss. 5 bis 200 Essen habe er teilweise pro Tag serviert. Da sich herauskristallisiert habe, dass sein Sohn Künstler bleiben wird, und es heutzutage immer schwieriger sei, Personal zu bekommen, sei es an der Zeit, einen Gang „herunterzufahren“.
Jetzt kommt „Leben“ auf den Teller
Hinzu komme, dass die „zunehmenden Ansprüche der Gäste“ mit nur einer Küche kaum zu bewältigen seien. Während früher ein vegetarisches Gericht als Alternative ausreichte, seien heute bei Firmenveranstaltungen mindestens zehn Teilnehmer mit Allergien oder Sonderwünschen dabei, sagt Stefan Hafner. Jetzt hat er seine eigene Bestellung aufgegeben. Denn was er künftig auf seinem Teller haben will, kann er sich selbst servieren.
Die gastronomische Idylle auf 1.100 Metern bröckelt. Knapp zweieinhalb Monate bleiben allen Liebhabern kulinarischer Almgenüsse, bevor die Herdflammen aufhören zu lodern. Ganz vergessen wird man die Hafner Alm allein deshalb nicht, weil Krimiautor Jörg Steinleitner sie in seinem Buch „Hirschkuss“ erwähnt hat. Darin passieren allerhand Dinge, „die man am idyllischen, reichen Tegernsee nicht so gerne hat.“ Das Aus der Hafner Alm ist so ein Ding.
Musikalisch beendet Beni Hafner „Da Oimara“ vom 27. bis 30. Dezember das Jahr 2018 auf der Hafner Alm. Wie immer spielt er an diesen Abenden „unplugged“. Nähere Infos gibt es unter der Telefonnummer: 08022-24396.
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