Pferderennen, die waghalsigen Furtwängler-Brüder und Bauhof Mitarbeiter in Trockenanzügen: Der zugefrorene See schrieb Geschichte(n). Wie stehen die Chancen, dass der Tegernsee diesen Winter zufriert?
Still und starr liegt der See im Tal. Das Thermometer in Gmund zeigt zapfige minus sieben Grad. Damit der knapp neun Quadratkilometer große und durchschnittlich 36 Meter tiefe See zufriert, ist es jedoch lange nicht kalt genug. Ein komplett zugefrorener Tegernsee; das ist ein seltenes Phänomen, woran sich vermutlich nur noch Alteingesessene erinnern. Zuletzt war es vor sechs Jahren so weit: 2018 fror der Tegernsee fast komplett zu. Etwa minus 20 Grad ließen die Wassermassen damals bis zur Mitte des Sees erstarren. Komplett gefroren war der See zuletzt 2012.
Damals rückte der Bauhof mit speziellen Trockenanzügen ins kalte Nass, um die Eisflächen aufzubrechen. 20 bis 30 Minuten verbrachten sie dafür stehend im eiskalten Wasser vor der Seesauna monte mare. Jeden Tag kontrollierten die “Eisbrecher” den Zustand der Eisdecke.
Pferdeschlittenrennen auf dem Tegernsee und die Furtwängler-Brüder
Vor etwa hundert Jahren fanden zudem Pferdeschlittenrennen auf dem gefrorenen See statt. So auch im Winter 1929: 5.000 Menschen und 20 Traber sausten damals, laut Archivaufzeichnungen, über das Eis. Auch in den folgenden Jahren sorgt der See für die eine oder andere aufregende Geschichte im Winter. In den 50er-Jahren wagten sich beispielsweise die Furtwängler-Brüder Florian, Bernhard und Eckhart aus Bad Wiessee mit dem PKW ihres Vaters auf den zugefrorenen Tegernsee.
Ihr Plan: Von Wiessee nach Tegernsee brausen. Im Schlepptau haben sie einen Freund aus der Nachbarschaft. Buchstäblich. Denn: Der junge Mann schnallte sich die Skier an und ließ sich von dem Fahrzeug der Furtwängler über das Eis ziehen. Auf dem Rückweg folgt dann das Malheur. Das Eis hält nicht mehr; das Auto bricht ein. Die Männer überleben glücklicherweise. Das Fahrzeug selbst bleibt versunken; doch nicht vergessen. Ende der 80er lässt Thomas Gottschalk das Wrack im Rahmen einer Folge “Wetten, dass …” per Seilwinde aus seinem nassen Grab heben.
Was braucht es, damit der Tegernsee zufriert?
Damit der Tegernsee zufrieren kann, braucht es laut unserem Wetterfrosch aus Schaftlach, Hans Wildermuth, eine langanhaltende, kalte Hochdruckwetterlage. “Bevorzugt mit Ostwind,” fügt Wildermuth hinzu. Dabei sei es egal, ob die Kaltluft vertikal mächtig ist oder nur flach. Bei den aktuellen Wetterabläufen mit nur kurzen kalten Phasen wird das nichts. Dazu Wildermuth:
Wenn die aktuelle Wetterlage mit nachts unter -10 Grad und tagsüber bei -5 Grad ohne weiteren Schneefall so zwei Wochen anhalten würde, könnte der See zufrieren.
Ideale Bedingungen für einen gefrorenen Tegernsee sind übrigens sogenannte Kahlfrostlagen (heißen wirklich so! Anmerkung der Redaktion). “Das bedeutet strenger Frost, ohne dass es schneit”, sagt der Wetterfrosch. Er betont weiter: “Denn sobald eine Schneedecke auf dem sich bildenden Eis liegt, wird die weitere Eisbildung wegen der Isolation der Schneedecke stark behindert.”
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