Dass über das Treffen am vergangenen Sonntag in der Tegernseer Schlossbrennerei überhaupt im Vorfeld berichtet wurde, war so ganz und gar nicht im Interesse der Initiatoren. Die von der umstrittenen Zweitwohnungssteuererhöhung betroffenen Eigentümer wollten unter sich bleiben, um die weitere Vorgehensweise zunächst einmal selbst zu besprechen und festzulegen.
Etwa acht Zweitwohnungsbesitzer hatten sich am vergangenen Sonntag gegen zehn Uhr in einem Nebenraum eingefunden. Die Presse hatte keinen Zutritt. Josef Butzmann, der Vorsitzende des Vereins „Freunde für Ferien in Bayern“, war nicht zugegen. Seit Jahren kämpft er darum, dass Kommunen auf die Zweitwohnungssteuer verzichten, wenn ihnen parallel dazu Schlüsselzuweisungen für Nebenwohnsitze vom Staat gezahlt werden.
Betroffen nehmen Abstand vom öffentlichen Interesse
Aus diesem Grund hätte er es befürwortet, wenn das Thema „Zweitwohnungssteuer“ öffentlich ausgefochten worden wäre. Das sahen die am Sonntag Anwesenden anders. Sie bewerteten „das Engagement von Außenstehenden, die ihren Zweitwohnsitz gar nicht in Tegernsee haben, als wenig hilfreich und polarisierend.“
Stimmungsmache sei nicht ihr Ding. Man wolle keine „Ohrfeigen in der Öffentlichkeit verteilen“. Auf Nachfrage, wie das Treffen denn nun verlaufen sei, erklärt Christian Stangl, selbst Betroffener und Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule Heilbronn:
Das nichtöffentliche Treffen diente in erster Linie dem gegenseitigen Kennenlernen, ohne dass besondere Beschlüsse getroffen wurden oder gar irgendwelche Gründungen erfolgten.
Eine Interessengemeinschaft sei nicht entstanden. Alle Anwesenden seien sich jedoch darin einig gewesen, dass mittelfristig ein Gespräch mit dem Tegernseer Bürgermeister Johannes Hagn und Vertretern der Stadt beziehungsweise des Stadtrats gesucht werden sollte, um über die Gesamtsituation zu sprechen.
Dass Zweitwohnungsbesitzer der alleinige Grund dafür sein sollen, dass Wohnraum im Tegernseer Tal knapp wird – diese Meinung kann Stangl, dessen Familie eine Zweizimmer-Ferienwohnung am Tegernseer Bahnhof besitzt, nicht teilen. Die Kommunalpolitik der letzten Jahrzehnte habe die aktuelle Wohnungsknappheit mitverursacht, sagt er.
Es hat sogar Zeiten gegeben, zu denen man Wohlhabende mit Zweitwohnungen regelrecht ins Tal lockte, um den Wohlstand ins Tal zu holen.
Das Tegernsseer Tal sei seit Langem Sommerfrische und Rückzugsort für Künstler, Literaten und Adelige, was den Ruf des Tales mitgeprägt habe und zur touristisch gut vermarkteten Historie gehöre. Aktuell seit manches, was in Tegernsee bei der Schaffung von neuem Wohnraum geschehe, zumindest diskussionswürdig, findet Stangl. „Hier wird eigentlich nur eine superreiche Klientel angesprochen und bedient, die vielleicht nicht mal ihren Erstwohnsitz in Deutschland hat.“
Selbst das Einheimischenmodell auf dem ehemaligen Krankenhausgelände betrachtet er als „im Grunde gescheitert, da viel zu teuer für einheimische Senioren und junge Familien“. Bei dem Treffen am Sonntag habe man „natürlich mögliche Vorgehensweisen diskutiert“, so Stangl. Er betont aber auch, dass sich jeder – durch den Steuerbescheid individuell betroffener – Zweitwohnungseigentümer zunächst einmal selbst mittels Widerspruch wehren müsse.
Kein Widerspruch aus Mangel an Mitteln?
Derzeit würden die Verfahren noch laufen. Von den 474 betroffenen Zweitwohnungsbesitzern hatten 52 Einspruch erhoben. Es sei zu berücksichtigen, so Stangl, dass man bei einer Klage ein nicht unerhebliches Kostenrisiko eingehe.
Wie ein Fachanwalt auf unsere Nachfrage hin bestätigt, sei beim Thema „Zweitwohnungssteuer“ ein Spezialwissen vonnöten, das nicht sofort abrufbar sei. Betroffene müssten mit mehreren tausend Euro pro Instanz rechnen, wenn sie den gerichtlichen Weg beschreiten.
Wer hat das letzte Wort?
Ein finanzielles Hemmnis, mit dem die Stadt Tegernsee wohl spekuliert hat, als sie ihre Steuer von 12 auf 20 Prozent sprunghaft anstiegen ließ. Eine Klatsche für den Zweitwohnungsbesitzer. Ein Mittel für die Stadt, das „Luxusgut Zweitwohnungen“ zu reduzieren, um wieder Wohnraum für Einheimische zu schaffen.
Ob der Versuch der Betroffenen, durch ein Gespräch mit dem Bürgermeister etwas zu erreichen, von Erfolg gekrönt sein wird, darf bezweifelt werden. Denn die Steuererhebung wurde einstimmig vom Stadtrat abgesegnet. Die kurze Unruhe im Paradies könnte also scheitern. Vielleicht nicht mangels Rechtsposition, aber mangels finanzieller Mittel und Kampfbereitschaft.
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