Keinen Fußbreit für Quertreiber

Zahlen lügen nicht, Krokodiltränen schon: Dort, wo die Inzidenz hoch ist, ist die Dichte der Impfverweigerer groß. Die aktuell kritische Covid-Situation hat deshalb auch bei uns zu heftigen Diskussionen im Team geführt. Unser Kommentator Martin Calsow fragt sich: Und warum muss die Mehrheit der Menschen im Landkreis unter unverbesserlichen Quertreibern leiden?

Idyllisch. Aber auch Heimat von wirren Quertreibern. / Quelle: Moritz Häußinger

Ein Kommentar von Martin Calsow 

Es ist der Elefant im Raum, über den kein Verantwortlicher gern sprechen will. Die hohe Inzidenzahl, die maue Impfquote in unseren Gefilden – das alles lässt sich vor allem sozio-psychologisch erklären: Wir haben die Deppen, die anderen nicht. In Südost-Bayern ist die Dichte der Impfverweigerer sehr groß. Da beißt die Maus keinen Faden ab: Die Zahlen sind eindeutig. Im idyllischen Oberland sammeln sich Impfskeptiker, Corona-Leugner, Nadel-Neurotiker und andere Meinungsstarke, aber Ahnungslose. Liegt’s noch am Jodmangel oder zu wenig Zuzug?

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Weder leben wir in einer Region, in der sich Menschen auf Diktatur-Erfahrungen zurückziehen können, noch werden Menschen hier sich von der Politik als abgehängt bezeichnen können. Südostbayern ist reich, das Leben oft ein Vergnügen – und dennoch scheint es hier ein völlig irrationales Misstrauen gegenüber Wissenschaft und Politik zu geben.

Ob Gemeinderäte, die sich für das schrägste “Argument” gegen das Impfen nicht zu schade sind, oder Hoteliers mit Geltungsdrang, die weinend durch ihre Etablissements laufen und später “den Medien” die Schuld geben: Der Irrsinn hat im Süden Bayerns eine Heimat gefunden. Niemals würde die Politik das so klar aussprechen: Aber die schlechte Impfquote, die hohe Ansteckungsrate und das überlastete Krankenhaus Agatharied – das sind Zeichen einer Wohlstandsverwahrlosung. Es ist ein ständiges Kreisen um sich selbst, um den eigenen Körper – eine Ichlings-Attitüde, die der Mehrheit schwer zu schaffen macht.

Wer sich nicht impft, nervt und schadet. Er lässt jene, die pflegen und helfen, bewusst und absichtlich an den Rand ihrer Kräfte kommen. Wer sich so gezielt gegen die Gesundheit der Mehrheit stellt, gehört in einen Lockdown, weg von jenen, die Infektionen aus diversen Gründen wirklich fürchten müssen: Den Krebs-Erkrankten, Schwangeren, Kindern, Immungeschwächten. Was mich besonders ärgert: Diese Ignoranz ist ein Schlag ins Gesicht jener Menschen, die in den letzten Monaten in unserem Landkreis in Impfzentren, Bussen und Praxen getestet und geimpft haben. Oft waren es Freiwillige, die ihre Zeit für die Gemeinschaft gaben und geben.

Derweil kommen Ärztinnen und Pfleger in Agatharied und anderen Krankenhäusern an die Grenzen des Erträglichen und Machbaren. Rettungssanitäter sind erschöpft – und das alles für einen überschaubaren Lohn. Es scheint, als habe die Vernunft südlich von München ihre natürliche Grenze bei vielen gefunden, versiegten Solidarität und Rationalität im Boden wie Nitrat bei der Gülle.

Der Landrat muss handeln, weil der Ministerpräsident ihm die undankbare Aufgabe, vermutlich nach den Analysen der letzten Wahl, auf den Schreibtisch gepackt hat. Aber Wählerstimmen dürfen nicht über Leben und Gesundheit entscheiden.

Schluss mit falscher Toleranz

Es muss jetzt härter in Gaststätten, Bars und Hotels kontrolliert werden. Wir laufen sonst in eine hausgemachte Katastrophe, in der Menschen mit anderen, lebensbedrohlichen Erkrankungen nicht ausreichend behandelt werden können.

Es müssen jene, die unseren Weg in die  Normalität verhindern, schnell, konsequent und im Zweifel mit hohen Bußgeldern in die Schranken gewiesen werden. 2G ist die einzige sinnvolle Konsequenz. Lernen wir vom österreichischen Nachbarn: Da kommen Ungeimpfte bald in den Lockdown. Die Schonzeit muss vorbei sein. Keine Restaurants, kein Kino, Hotel und keinen Arbeitsplatz für Ungeimpfte – bleibt daheim, pflegt Eure Ängste und lernt bei YouTube, Servus TV und in WhatsApp Gruppen weiter den letzten Schmarrn oder Attila Hildmanns Kochrezepte auswendig. Zeit habt ihr ja dann ja… Aber ihr werdet nicht die Mehrheit der Gesellschaft gefährden.

Der Philosoph Karl Popper hat das so auf den Punkt gebracht:

“Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“

Hier geht’s zum Kommentar unserer Kollegin Sabiene Hemkes zur selben Thematik.

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