Lückenradweg: Der Kampf um 130 Meter

Die Fronten waren verhärtet. Zwei Landwirte hatten sich bislang strikt geweigert, der Gemeinde Gmund ihre Wiesenstücke abzutreten. Darum hat der Radweg zwischen Dürnbach und Finsterwald noch immer Lücken und ist bis heute unvollendet. Bürgermeister Alfons Besel hat sich jetzt der Sache angenommen.

Wer von Finsterwald nach Dürnbach fährt, muss am Ende des ersten Abschnitts des neuen Geh- und Radwegs die Fahrbahn wechseln./Archivbild

130 Meter – das ist die Strecke zwischen Dürnbach und Finsterwald, auf die die Gemeinde Gmund bisher verzichten musste. Zwei Grundstückseigentümer waren bislang nicht bereit, ihre Wiesenstücke herauszurücken, damit der Radweg, der ihre Grundstücke kreuzt, zu Ende gebaut werden kann.

Bei den Wiesen handelt es sich einmal a) um ein 100 Meter langes Stück und b) um ein etwas kleineres von 30 Metern. Beide machen sich auf dem insgesamt 700 Meter langen und 2,50 Meter breiten Geh- und Radweg als ungeteerte Lücken bemerkbar. Ein Planungsdesaster, das 242.000 Euro an Steuergeldern verschlungen hat.

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Ein Nein als Druckmittel

Gmunds Ex-Bürgermeister Georg von Preysing hatte während seiner Amtszeit noch vergeblich versucht, die Landwirte zur Herausgabe ihrer Flächen zu bewegen. Dass er gescheitert ist, mag zum einen daran gelegen haben, dass er dies erst tat, nachdem der Bau des Radwegs schon in vollem Gange war. Zum anderen aber daran, dass die Landwirte durch ihr Nein ein Druckmittel gegen die geplante Umgehungsstraße von Moosrain nach Finsterwald hatten.

Dieses Druckmittel wollen Regina und Franz Holzer, die zu den betroffenen Grundstückseigentümern gehören, nicht aus der Hand geben. Denn dass eine Umgehungsstraße knapp 150 Meter vor ihrem Grundstück verläuft, geht für sie gar nicht. Beide leben von der Landwirtschaft und wollen keinen zusätzlichen Verkehr. Schließlich grenze ihr Grundstück schon im Süden an eine Straße, da „brauche man keine zweite im Osten.“ Zumal gerade der Ausflugsverkehr in den letzten Jahren extrem zugenommen habe, sagen sie.

Gute Stimmung nach Sondierungsgespräch

Gmunds Bürgermeister Alfons Besel (FWG) hatte bereits bei seinem Amtsantritt im April dieses Jahres angekündigt, das Gespräch mit den Landwirten zu suchen. Auf Nachfrage der TS teilt er mit: „Ja, es fanden erste Sondierungsgespräche statt.“ Die Gesprächsatmosphäre sei „gut, sach- und lösungsorientiert“ gewesen. Nun gelte es, „Detailfragen zu klären“. Dies werde – laut Besel – noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Man könne davon ausgehen, dass es „in diesem Jahr zu keinen weiteren Gesprächen kommen wird“, sagt er. Die „Angelegenheit“ habe er sich für Januar auf Termin gelegt. Welche „Detailfragen“ zu klären sind, ließ auch Regina Holzer auf Nachfrage offen. Man habe sich lediglich über die Sachlage unterhalten und dem Bürgermeister zu verstehen gegeben, warum eine Einigung mit der Gemeinde bislang nicht zustande kam.

Besel versteht‘s

Besel habe sich deren Beweggründen gegenüber offen gezeigt, so Regina Holzer, und sie wissen lassen, dass auch er gegen eine Umgehungsstraße sei. Er habe versprochen, sich dafür einzusetzen, eine solche zu verhindern. Das Gespräch sei „locker“ und „beruhigend“ gewesen, sagt die Landwirtin. Ansonsten gebe es „nix Neues“ zu berichten. Geeinigt habe man sich noch nicht. Jetzt komme es eben darauf an, wie viel Einfluss Besel hat.

Wie berichtet hatte Gmunds Ex-Bürgermeister dem Ehepaar zuletzt 20 Euro für den Quadratmeter Grund geboten, 15 Euro waren es ursprünglich. Ein Verpachten des Baugrunds – so wie Georg von Preysing es dem Ehepaar vorgeschlagen hatte – kam für die beiden nicht in Frage. Zwar wäre eventuell eine Ausgleichsfläche in Betracht gekommen, die das Ehepaar jahrelang gepachtet hatte, aber auf diesen Deal hatte sich der damalige Bürgermeister nicht eingelassen.

Der Lösung ein Stück näher

Auch Peter Roboger hat ein Gespräch mit Besel geführt. Seiner Mutter gehört das andere Wiesenstück. Roboger ist ebenfalls gegen die geplante Umgehungsstraße und bezeichnet sie als „erheblichen Hemmschuh“ in der Angelegenheit. Eine Einigung mit dem Bürgermeister habe es nicht gegeben. Zunächst einmal habe man sich nur „ausgetauscht“, wobei Roboger sagt, dass das Gespräch mit dem neuen Bürgermeister viel „positiver“ verlaufen sei als mit dem alten.

Besel gehe offen an die Sache heran, weshalb er ihm eine Chance geben möchte. Roboger: „Wir fühlen uns dieses Mal nicht überrollt.“ Zu klären gebe es „kleinere Internas“, sagt er. Dabei gehe es um Versprechungen, die man seinem Vater einst gemacht hat. „Diese sind aber zu lösen“, meint Roboger. Vielmehr wartet er jetzt auf Vorschläge von Besel für ein „adäquates“ Ersatzgrundstück.

Umgehungsstraße ist Teil des Plans

Spätestens, wenn die im Flächennutzungsplan der Gemeinde bereits berücksichtigte, und im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) aufgeführte Umgehungsstraße tatsächlich kommt, müssen die Landwirte wohl in den sauren Apfel beißen. Dann müssen sie ihren Grund wohl mehr oder weniger freiwillig an die Gemeinde verkaufen.

Die im BVWP aufgeführten Straßenbaumaßnahmen müssen laut Gesetzgeber bis spätestens 2030 umgesetzt sein. Wie Stefan Högenauer, Baudirektor des Straßenbauamts Rosenheim, auf Nachfrage mitteilt, stehe die Umgehungsstraße in Gmund „derzeit nicht im Fokus“, weshalb es auch noch keinen Zeitplan dafür gebe. Vorrang haben derzeit andere Umgehungsstraßen, wie beispielsweise die von Waakirchen und Holzkirchen.

Die Gemeinde sei bei den Projekten „ein wichtiger Partner“, sagt er. Sollten sich bei den Planungsprozessen Widerstände ergeben, so wie in Waakirchen, wären diese zu berücksichtigen. Nichtsdestotrotz sei der Fernstraßenausbau gesetzlich festgelegt.

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