Nord ist voll. Und jetzt?

Die Nachfrage nach den Gewerbeparzellen im Industriegebiet Nord hat alle Erwartungen übertroffen. Trotz verhältnismäßig strenger Kriterien sind nun schneller als erwartet alle Einheiten veräußert. Dennoch besteht weitgehend Konsens, dass alles richtig gemacht wurde. Lediglich beim Blick in die Zukunft gehen die Meinungen auseinander.

Immense Nachfrage: Weniger als fünf Jahre nach Erschließung sind im Gewerbegebiet Nord alle Flächen verkauft. Ein Vermarktungserfolg, der allerdings auch grundsätzliche Fragen aufwirft.
Immense Nachfrage: Weniger als fünf Jahre nach Erschließung sind im Gewerbegebiet Nord alle Flächen verkauft. Ein Vermarktungserfolg, der allerdings auch grundsätzliche Fragen aufwirft.

“Ein innovatives Maschinenbau-Unternehmen hat nun die letzte Einheit erworben”, berichtet Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis gegenüber der Holzkirchner Stimme.

Das Profil der Firma ist beinahe eine Blaupause für die Unternehmen, die wir dort angesiedelt sehen wollten. Solide, von hoher Innovationskraft und ein Familienbetrieb mit Bindung an die Region. Zum Vetragstermin war eben kein Konsortium aus Prokuristen, sondern eine Familie anwesend. Das verspricht langfristige Bindungen, sichere Arbeitsplätze, Kontinuität.

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Nach weniger als fünf Jahren ist “Nord nun voll.” Das Konzept ging auf. Mehr als das. Man wollte die Zügel anziehen, Geluld haben und die Meßlatte hoch ansetzen. Keine Verramschung von Flächen, kein Discounter-Flair, keine emmissionsstarken oder schwerlastverkehrträchtigen Produktionsbetriebe.

Übermäßig strapaziert wurde diese Geduld dennoch nicht. Olaf von Löwis: “Wir mussten abwägen: Vermarkten wir noch wertiger, noch behutsamer, noch handverlesener – oder gehen wir genau damit das Risiko ein, dass sich die Zeiten, die Konjuktur und die Zinslage zu Ungunsten des Investitionsklimas verändern? Ich finde unter dem Strich haben wir die richtige Strategie verfolgt.”

Ungebrochenes Interesse

Der Blick in die Zukunft wirft jedoch Fragen auf. Erfolgreich und stringent war die Vermarktung der Flächen zweiffellos – ein Projekt, das der Marktgemeinde in Sachen Gewerbeflächen auf Jahrzehnte Luft verschaffen würde, war es jedoch nicht. Das Interesse am Standort Holzkirchen ist ungebrochen groß und zwingt alle Beteiligten zu einer Diskussion, wie es weitergehen wird.

Holzkirchens dritter Bürgermeister von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Robert Wiechmann teilt die Ansicht, dass die Marktgemeinde vom Gewerbemix bis zum Rückkaufsrecht der Kommune bei der Vermarktung vieles richtig gemacht hat, sieht aber in Sachen Zukunft Dissens am Horizont:

Auf den ersten Blick muss man zufrieden sein, wie es gelaufen ist. Auch auf Initiative der GRÜNEN wurde übrigens ein Rückkaufsrecht der Flächen vereinbart – die Kommune wird also weiterhin die Hand auf diesem Areal haben. Ich finde ausserdem gut, dass es Optionsflächen gibt, bereits ansässige Betriebe also bei Bedarf erweitern können und wir von vornherein einer Kannibalisierung entgegengewirkt haben. Dass uns das Gebiet nun nicht wie nötig auf viele Jahrzehnte Luft verschafft hat, sondern nach wenigen Jahren schon voll vermarktet ist, sorgt natürlich jetzt für Zuckungen. Nun schon wieder auf ein weiteres Gewerbegebiet und neue Flächenversiegelungen zu schielen – da werde ich mich mit meiner Fraktion entschieden dagegenspreizen. Das ist nicht das Wachstum, das ich möchte.

Olaf von Löwis sieht das ein wenig anders und verweist auf die Grundstückskäufe, die schon während der Amtszeit seines Vorgängers Höß getätigt wurden: “Wir verfallen nun sicher nicht in Hektik und Aktionismus, sondern werden die Nachfrage weiter beobachten und analysieren. Aber ein Stück weit sind wir in Holzkirchen einfach für die wirtschaftliche Prosperität des Landkreises maßgeblich. Daher werden wir sicher irgendwann über die Entwicklung der Flächen nachdenken müssen, die die Marktgemeinde unter Höß erwerben konnte.”

Die Flächenreserven der Gemeinde, so von Löwis weiter, seien nicht zu dem Zweck angeschafft worden, um sie dauerhaft wieder an Landwirte zur Bewirtschaftung zurückzuverpachten.

Eine Frage der Identität

Das Gewerbegebiet ist voll. Es lebe das Gewerbegebiet. Es zieht also Streit herauf, wie nach der “Ära Föching” mit dem Interesse am Standort umgegangen, ja, in welche Richtung sich die Marktgemeinde weiter entwickeln muss. Weiteres Wachstum, weitere Gewerbe-, Infrastruktur- und Wohnraumprojekte solange der Zins so niedrig und die Konjunktur so vielversprechend bleibt?

Oder zugunsten eines organischen Wachstums lieber nicht auf großen Aktionismus setzen und sich davor bewahren, dass aus dem Markt ein Potemkinsches Dorf wird? Hier dürften sich in unmittelbarer Zukunft deutliche Dispute bemerkbar machen, wenn nicht Gräben auftun um den eigentlichen elementaren Konsens, was Holzkirchen sein und nicht sein will.

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