Servus Auskunftsrecht, bitte mal rangehen!

Wer schreiben will, muss recherchieren. Wenn keiner mehr ans Telefon geht oder versprochene Dokumente nie im Posteingang landen, wird der Job von Journalisten unmöglich …

Anruf, ein persönliches Gespräch oder doch die E-Mail; was wünschen sich Pressestellen? / Quelle: Pixabay

Pressestellen, Politikerinnen und Verwaltungsangestellte: keiner geht ran, es hebt jemand ab, der von nichts weiß, aber an der Rezeption eines Unternehmens sitzt. Wenn jemand abhebt, sagt der oder die nix. Oder sehr oft: Bitte rufen Sie unsere Pressestelle an. Gefolgt von: Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail.

Diese Woche gehört vom Bayerischen Wirtschaftsministerium (Aber sie arbeiten doch auch hier? Könnten sie mir dann nicht ganz kurz eine Frage beantworten?) vom Landratsamt Miesbach (LRA) einer Immobilienfirma (wir reden eh nie mit der Presse) und immer wieder von der Polizei: Dann bekommen wir mit etwas Glück E-Mails (Danke LRA) und holprige Pressemitteilungen, die wir übersetzen müssen – was bitte ist ein Fahrzeugfahrer? Ein Krad?

Das Gespräch mit mir oder uns? Lieber nicht. Kurzes Lob an die Rathaus-Chefs im Tal – die können das aushalten.

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Fragen, Fragen, Fragen

Ich will eine Geschichte erstmal verstehen, dazu hilft es Fragen zu stellen, die über die klassischen W-Fragen hinausgehen (Wer? Warum? Wie viele? Wann? Wo? … Wirklich?). Die Antworten landen auf einem Block. Je nachdem, ob das jetzt ein Quick-Win (Grüße) oder eben ein Deep-Dive (wollte ich immer schonmal anbringen) wird, kommt die zweite Runde. Es wird kniffelig und dann wird was Spannendes draus. Zum Beispiel die Recherche zum Weber in der Wies.

Wenn wir was richtig gemacht haben, ärgert sich mindestens einer. Zum Beispiel der Kreisbaumeister. Er wird im Merkur folgendermaßen zitiert “Alle Kritiker hätten gerne auch schon früher mit ihm in Kontakt treten können, sagt Christian Boiger, der findet, dass nun „viel Lärm um nichts“ gemacht werde. (Quelle: Merkur).

Ich habe ihm am 14. März 2024 eine E-Mail geschrieben (nachdem am Telefon niemand ran ging), ob der Weber in der Wies unter Denkmalschutz stehe? Ob der Anbau die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde erhalten habe und wenn ja, warum? Prompt eine Stunde später folgte die Antwort per E-Mail: “Vielen Dank für Ihre E-Mail; ich bitte sie sich mit Ihrer Anfrage an unsere Pressestelle zu wenden; herzlichen Dank!” Wo ist das Problem? Jenseits dessen, dass Leute Behauptungen anstellen, die schlicht gelogen sind?

Wir kloppen hier Daily-News (tagesaktuelle Nachrichten) und können gar nicht allem hinterherrennen, was hier an Themen auf den Straßen liegt. Auch nach Gemeinderatsprotokollen können wir nicht x-mal fragen, obwohl sie uns und der Öffentlichkeit zugestehen (Grüße an Herrn Schnitzenbaumer). Das Stichwort heißt: presserechtlicher Auskunftsanspruch. Das ist kein “schau ma mal”, das ist Basis unserer Pressefreiheit, die im Grundgesetz verankert ist.

Kein Informationsfreiheitsgesetz, umso wichtiger ist das Auskunftsrecht

Bayern hat kein Informationsfreiheitsgesetz, gerade deswegen ist es so wichtig, dass Behörden Journalisten als Teil eines demokratischen Gefüges verstehen und das Informationsrecht ernst nehmen. Denn die Demokratie und die Öffentlichkeit müssen über Missstände in Politik, Gesellschaft und Protokollen informiert werden. Dazu braucht es Behörden, die sich trauen a) zu sprechen b) Dokumente und Protokolle weiterzugeben und c) Presseleute, die ihren Vorgesetzten klarmachen, das Salamitaktik von vorvorgestern war und den Shit nur vergrößert und d) Führungen, die die Pressestelle im Haus informiert halten und nicht als zweite Rezeptions missverstehen e) Chefinnen, die die Leute mal machen lassen und nicht alle Statements vom Vorstand und Verwaltungschef abzeichnen lassen. Weil man nur gut Pressearbeit machen kann, wenn man weiß, ob es einen Misthaufen im Unternehmen gibt und wie groß und schwer der Haufen ist.

Ja, Behörden müssen Journalistinnen und Journalisten informieren. Natürlich können sie auch die Robert-Koch-Karte spielen und damit die Glaubwürdigkeit öffentlicher Institutionen herabsetzen. Auch Panik schieben und nix sagen, ist eine beliebte Methode, die Themen vor allem größer macht, als sie eigentlich sind.

Wem das in die Hände spielt? Allen, die eh nicht mehr so viel Bock auf Demokratie haben. Und allen, die lieber Fake-News lesen; weil nicht alle Blätter die Geduld haben oder das Geld Informationen einzuklagen – die News sind bis zum Prozessende dahin. Kein Wunder, dass Journalisten in Pressestellen abwandern.

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