Regen, gefolgt von Regen und wieder Regen – das Wetter in den vergangenen Wochen vermieste vielen die Laune. Egal, ob Vermieter, Hotelier oder Ferienwohnungsbesitzerin. Wir fragen: mauer Frühling, maues Geschäft?
Wenn Birgit Trinkl schlechte Laune bekommen wollte, sah sie am Abend die Wetteraussichten. Nach wenigen Minuten wusste die Vermieterin von Ferienwohnungen Bad Wiessee: Morgen klingelt das Telefon wieder. Wieder wollen Menschen ihre Buchungen stornieren. “Wir alle leiden unter einem extrem schlechten Frühling. Allein über Ostern war es schon schlimm”, berichtet Trinkl. Sonst sind an diesen Tagen ihre 20 Ferienwohnungen komplett ausgebucht. Aber wer will schon das Tal im Regen besuchen? “Ich hatte auch Gäste, die früher gingen. Einfach so.”
“Ich hatte auch Gäste, die früher gingen. Einfach so.” Birgit Trink,
Die 53-jährige Unternehmerin erzählt, dass die Gespräche, auch unter anderen Geschäftsleuten, sich immer nur um das Wetter drehten. “Wie läuft es bei dir? Ist es auch so schlimm?” Aber Trinkl will sich nicht kirre machen: “Man kann nicht jedes Jahr wieder „das beste“ Jahr haben. Und es gibt auch viele Gäste, die sich gut beschäftigen können und sich trotz Regen die Laune nicht verderben lassen.”
Regenreiche Wochenenden
Aber wie war das Wetter wirklich? Wir fragen unseren Wetterexperten Hans Wildermuth. Der schickt uns die Daten aus dem letzten und diesem Jahr. Auf den ersten Blick ist das nicht so wild, wie alle denken: Im Februar 2022 gab es letztes Jahr 13 Regentage im Tegernseer Tal, heuer nur neun. Wartete der März 2022 mit zwei Regentagen auf, kamen diesen März 14 Tage ordentlich Wasser vom Himmel, und der April versorgte uns mit knappen zehn regenfreien Tagen. Im Jahr zuvor waren es 14 Regentage. Auch die Mengen sind im Schnitt größer. Was vor allem auffällt: Die Wochenenden waren besonders regenreich, mehr als 2022. Und das wiederum trifft auf einen (nicht ganz so neuen), aber im Tal sehr bedeutsamen Trend: den spontanen Kurzurlaub. Wurde vor Jahren lieber langfristig gebucht, entscheiden sich Urlauberinnen nun gern kurzfristig, wollen ein Wochenende verlängern, wenn – das Wetter stimmt.
Ferienwohnungen werden, von Unternehmerinnen wie Birgit Trinkl, bis zur Hauptsaison sogar für eine Nacht vermietet. Warum? Der Druck, ein Service-Team zu beschäftigen. Und – schlichte wirtschaftliche Notwendigkeit. Trinkl: “Es ist wohl ein neuer Trend: Kurzfristiger buchen, und kürzere Aufenthaltsdauer.” Sie hat diese neue Situation früh erkannt und mit einem neuen Angebot reagiert.
Auch Fünf-Sterne-Hotels wie das Parhotel Egerner Höfe müssen auf diesen Trend reagieren. Hoteldirektor, Anton Halbmayr, sagte dazu: “Da müssen wir auch mit neuen Mitteln und Wegen reagieren. Ein Beispiel: Wir haben massiv unser digitales Marketing ausgebaut und haben einen Content Creator, der sich um Posts auf den sozialen Medien fokussiert. Die Kurzfristigkeit der Buchungen erwartet natürlich eine gewisse Flexibilität von all unseren Mitarbeitern.”
Schadenfreude ist nicht angebracht: Fehlen Ferienwohnungsbuchungen, merken das andere Geschäfte. Ob Tankstellen, Friseure oder der Einzelhandel. Sie alle sitzen in einem Boot – das vollregnet.
Und die Großen: Ob es weniger Buchungen sind? Dazu wollen uns die Hotel-Anbieter wenig sagen. Zu groß die Angst, mit den Preisen für die Übernachtungspreise wieder zurückzugehen. In der Pandemie zogen diese heftig an, Fliegen war kaum oder nur für wenige möglich. Der Deutsche bleibt daheim. Oft genug zeigte das Buchungsbarometer im Tal auf – gut bis sehr gut – gebucht. Das galt allerdings für das gesamte Voralpengebiet.
Premium-Destination ohne Makel
Energie- und Personalkosten waren gestiegen. Die Anbieter, ob Hoteliers, Vermieterinnen oder Gastronomen; sie mussten darauf reagieren. Das Tal positioniert sich als “Premium-Destination”, da darf es keinen Makel geben, wenn man Luxus im Angebot geben soll. Der Skandal um Sterne-Koch Christian Jürgens spielt da, nach Meinung heimischer Kenner, kaum eine Rolle. Premium-Küche – das hat mit den Wünschen des Gros der Besucher wenig zu tun. Anders beim Wetter: Wohl dem, der wie Korbinian Kohler eine Luxus-Spielewelt anbieten kann. Dann sind beim schlechten Wetter wenigstens die Kleinen versorgt, während die Eltern im Wellness-Bereich auftanken.
Schon jetzt fordern immer mehr Hoteliers, den Schwerpunkt des touristischen Werbens, auf wetterunabhängige Tagungs- und Eventbuchungen zu verschieben. Sie sorgen für zahlungskräftigere Gästeschaft, ermöglichen zum Beispiel Klein-Unternehmen wie Seevents langfristig gebuchte Termine. Gerade in der Vorsaison, in der meist grauen Zeit, zwischen Februar und April, ist nach Meinung vieler Betroffener Potenzial.
Birgit Trinkl hofft indes auf eine bessere Hauptsaison. Die Meldungen über sehr hartnäckige Hochdruckgebiete für die nächste Zeit lassen hoffen. Und dann ist Regen ja nicht immer schlecht. Wir erinnern uns an sehr heiße, trockene Sommerwochen. Deutschland stöhnte erst im letzten Sommer über Dürre überall – nur nicht bei uns. Denn während man in der Stadt manchmal nur auf dem Balkon übernachten wollte, konnte man bei uns – vor allem in Bad Wiessee – am Abend kühlen Wind aus dem Breitenbach genießen. Alles eine Frage der Perspektive und des Timings …
SOCIAL MEDIA SEITEN