Eklat im Kreistag:
Landrat von Löwis bekommt Gegenwind

Er hat doch nur seine Halbzeitbilanz vorstellen wollen; über Erfolge reden – den letzten Tagesordnungspunkt auskosten. Aber dann gerieten Landrat Olaf von Löwis und Christian Köck, Bürgermeister aus Rottach-Egern, aneinander.

Kreistag: Volksvertreterinnen und Vertreter für den Landkreis Miesbach.

Landrat Olaf von Löwis of Menar stellt seine Bilanz in der letzten Kreistagssitzung vor. Tenor: Alles super. Dann aber verschwimmt der Vortrag zunehmend, so schildern es Anwesende im Nachgang. Olaf von Löwis kommt vom Hundertsten in Tausendste. Und erlaubt sich auch eine Anspielung zum Sauter-Humbaur-Schwimmteich-Geflüster; wir berichteten. Der Gemeinderat von Rottach-Egern hat sich erfolgreich gegen den illegalen Bau eines Schwimmteichs eines Zweitwohnungsbesitzers durchgesetzt; auch vor Gericht bekam die Gemeinde Recht. Der Unternehmer Humbaur hat sich ausgerechnet von Alfred Sauter, Ex-CSU-Minister, mit florierender Skandal-Vergangenheit, vertreten lassen. Löwis soll in der Sitzung freimütig geplaudert haben: “Nicht überall, wo Sauter draufsteht, ist auch Sauter drin.”

Köck rempelt zurück

Neben Löwis saß Christian Köck, Fraktionssprecher der CSU im Kreistag. Und der fühlte sich, so wirkte es, angerempelt. Es folgte ein Schlagabtausch zwischen Landrat und Rottachs Bürgermeister, der außerhalb des Sitzungssaals fortgeführt wurde. Auch Johannes Hagn, Tegernseer Bürgermeister, konnte der “Gute-Laune- Stimmung” des Landrats nichts abgewinnen. Der fordert nämlich von den Gemeinden mehr Solidarität bei der Unterbringung von Geflüchteten. Hier brannte Hagn der Hut: Ganz so rosig sei die Verteilung von Geflüchteten nicht, seit Monaten sei die Turnhalle in Tegernsee belegt, obwohl die Stadt Tegernsee mit gutem Beispiel vorangeschritten sei und ein Hotel bereitgestellt habe; so die Auffassung Hagns.

Und jetzt? Die Tegernseer Turnhalle wird weiter gebraucht. Von Löwis betonte, dass die Aufnahme von Geflüchteten weiterhin auf freiwilliger Basis von den Gemeinden kommen müsse und dass die Situation weder für Flüchtlinge noch für Helferkreise ein “Zuckerschlecken” sei. Es fehle an Platz für die Menschen, viele angebotene Wohnungen seien eher “Alibi-Wohnungen”. Wenn man die anschaue, seien sie oft nicht nutzbar, erklärt Abteilungsleiterin Teresa Nitsch vom Landratsamt. Manch ein Vermieter entpuppt sich als wahrer Menschenfreund, indem er versucht sich seine Klientel gleich selbst auszusuchen. Ob er nur an Ukrainer vermieten könne? Nein, könne er nicht. Da ist das Landratsamt klipp und klar. Bis zu 50 Flüchtlinge kommen etwa jede zweite Woche im Landkreis an (zum Vergleich 2015/2016 waren es etwa 100 Menschen die Woche.)

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Landrat angesägt?

Für den Landrat war die Sitzung keine “gmahde” Wiesn. Im Gegenteil: Es häufen sich in letzter Zeit massive Vorwürfe gegen das Landratsamt und gegen den Chef in Person. Hinter vorgehaltener Hand werden dem 69-Jährigen Führungsschwäche und fehlende Detailfreudigkeit vorgeworfen. Nun sind Nörgeleien aus den Gemeinden durchaus an der Tagesordnung. Fein, wenn man als Lokalpolitiker einfach nach Miesbach zeigen kann. Gerne wird von den örtlichen Granden vergessen, dass sie nur ein ‘gemeindliches Einvernehmen’ geben können, etwa was Bauvorhaben angeht ­­- da wird dann manch mühsam getroffene Entscheidung von den Miesbachern einkassiert. Die Stimmung drückt so ein Vorgehen schnell. Erklärt das den Eklat im Kreistag?

97 Tage bis zur Landtagswahl

Mitnichten. Am 19. Oktober wird in Bayern gewählt. Auf allen Kanälen, von Instagram bis Facebook, lächelt der Landrat mit Ilse Aigner von den Bildschirmen. Löwis kandidiert zudem noch für den Bezirkstag. Es ist Wahlkampf. Da könnte man von den eigenen Mitgliedern eine gewisse Zurückhaltung erwarten, gell? Die “eigenen Leute” vorführen ist nicht nur schlechter Stil, es ist auch nicht opportun, so hört man von CSU-Seite. Oder gibt es andere Gründe?

Ich und Du – oder Du und ich? Einigkeit demonstrieren, das kann die CSU. Meistens zumindest.

Nichts geht mehr – oder doch?

2022 – von Löwis verkündet, dass er in drei Jahren eventuell noch einmal antreten wolle. Der studierte Forstwirt wäre dann am Ende seiner zweiten Amtszeit 78 Jahre alt. Da sind andere schon seit einem Jahrzehnt im Rentner-Herbst. Auch andere, jüngere Funktions- und Jankerträger im Landkreis, machen sich Hoffnungen auf den höchsten Verwaltungsposten. Dazu gesellt sich noch eine pikante Personalie: Von Löwis machte im vergangenen Herbst den Baumamtschef im Landratsamt zum persönlichen Referenten.

Das Landratsamt hat fünf Abteilungen, eine davon ist das Bauamt. Für Menschen mit Baudrang ist das die wichtigste Behörde. Ihr stand bis zum Herbst letzten Jahres der Jurist vor. Er wurde einst von Jakob-Kreidl ins Oberland geholt. Der Verwaltungsexperte soll sich in den letzten Jahren außergewöhnlich motiviert für die Belange der Bauwerber eingesetzt haben, auch mal mit privaten Investoren bei Gemeinde-Politikern aufgeschlagen sein. Gleichzeitig zeichnet sich die Baubehörde in Miesbach – Beobachtern zufolge – durch zwei Merkmale aus: Zum einen soll sie nicht besonders schnell in Bearbeitung bestimmter Rückbauten und Restriktionen gewesen sein, zum anderen wurde hier und da; so der Anschein, nicht immer die volle Härte der rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. So wuchsen Chalets in Außenbereichen, Tanzböden auf Almen, oder eben Schwimmteiche – in den Ausmaßen eines Freibads – aus den Böden.

Nur ein Sturm im Wasserglas?

Zur Ergänzung noch ein paar Fakten: im Tal wird gebaut als gäbe es kein Morgen. Das Oberland ist Spekulationsland. Nur eine personell extrem gut ausgestattete Behörde kann hier nachhaltig jeden Bau kontrollieren. Aber mehr Personal für die Verwaltung? Wer will das schon? Zum anderen hat eine Behörde in Deutschland immer noch eine Behörde über sich; im Falle des Landratsamts Miesbach ist das die Regierung Oberbayern. Hier ist man über Klagewut gegen Bauwerber nicht immer glücklich. Kurz: Allzu knorrig können und konnten von Löwis und sein enger Mitarbeiter nicht immer auftreten. These: Der Jurist sollte den Landrat durch das verwaltungstechnische Minenfeld führen; im Fall der Rottacher Schwimmteich-Affäre um den schwäbischen Anhänger-Millionär ging das wohl daneben.

Für Außenstehende entsteht der Eindruck: Alte CSU-Seilschaft, verkörpert durch den Millionär-Anwalt Alfred Sauter, trifft auf willfährigen Landrat, der vieles durchwinkt, erst recht, wenn er sich nicht bis ins Detail mit dem Fall beschäftigen will. Es mag nur ein Sturm im Wasserglas sein. Aber die CSU im Oberland gibt gerade kein Bild der Einheit ab. Olaf von Löwis, der mit seiner sehr einnehmenden, freundlichen Art, aber auch mit seiner Nähe zum Ministerpräsidenten in der Pandemie-Krise viel Schaden vom Landkreis abhalten konnte, ist herausgefordert. Wird er weiterhin als führungsschwach – von eigenen, wie auch fremden Interessengruppen – beschrieben, wird bei öffentlichen Auftritten vehement kritisiert, zieht das ein unvorteilhaftes Bild nach: das eines netten, aber wenig durchsetzungsstarken Verwalters.

In drei Jahren endet die Amtszeit des Landrats. Das ist eine lange Zeit. Sein Stellvertreter ist Jens Zangenfeind, Bürgermeister aus Hausham und sechzehn Jahre jünger. Obwohl den Freien Wählern zugehörig, wird er von den konservativen Bürgermeistern im Landkreis geschätzt. Oft und gerne nimmt der dynamische Haushamer öffentliche Termine wahr. Die CSU kann hingegen im Landkreis wenig kompetente Nachfolger aufweisen.

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