War am Ende die Aussicht schuld?

Nach vielen Diskussionen und einem Vor-Ort-Termin, darf die Splitthalle am Grea Wasserl nun gebaut werden. Anwohner und Schutzgemeinschaft müssen sich geschlagen geben. Zu Recht, wie Kieswerk-Betreiber Lorenz Kandlinger im TS-Interview erklärt.

Am Kieswerk darf nun eine neue Lagerhalle für Kies gebaut werden.

Es ist eine lange Geschichte. Kieswerk-Betreiber Lorenz Kandlinger will seit Jahren eine Lagerhalle auf dem Grundstück am Ringsee errichten. Sowohl Anwohner als auch Schutzgemeinschaft stellen sich quer. Jetzt haben alle Mittel nichts geholfen und auch die letzten Instanz – der Landtag – grünes Licht gegeben. Kandlinger darf bauen. Zu Recht, wie er findet. Ein Interview zum Bauvorhaben am Biotop Grea Wasserl.

Tegernseer Stimme: Wofür genau braucht das Kieswerk die Lagerhalle am Grea Wasserl?

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Lorenz Kandlinger: Die Halle wird benötigt zur Trockenlagerung von Erzeugnissen des Kieswerks.


Was heißt das genau?

Kandlinger: In der Halle wird hauptsächlich Streusplitt gelagert. Unmittelbar nach der Herstellung im Werk kann er trocken eingelagert werden. Dann steht er den Gemeinden und den Talbewohnern zur Verfügung.


Wieso muss die Halle so groß sein?

Kandlinger: Es ist keine besonders große Halle. Allerdings müssen LKW in die Halle fahren können, beziehungsweise sie müssen dort kippen können. Außerdem soll darin trockener Streusplitt innerhalb eines Pfand/Kreislaufsystem in sogenannte Big Bags und Eimer abgefüllt werden. Das ist eine regionale und nachhaltige Alternative zu Streusplitt von außerhalb in Wegwerf-Plastiksäcken. Es gibt bei uns auch umweltbewusste Bürger, die nicht salzen wollen und stattdessen lieber hiesigen Splitt einsetzen!


Die Schutzgemeinschaft befürchtet, dass in der Splitthalle dann das ehemals betriebene Betonwerk entstehen könnte. Was sagen Sie dazu?

Kandlinger: Im Kieswerk gibt es kein „ehemals betriebenes“ Betonwerk, das nicht mehr betrieben werden darf. Die Vermutung, dass ein Betonwerk in die Halle eingebaut werden könnte, entbehrt jeder Grundlage! Leider wurden solche Falschmeldungen öfter mal verbreitet. Die Schutzgemeinschaft übernimmt hier ungeprüft die falschen Spekulationen des einzigen Anwohners und seines Architekten. Man sollte sich wirklich überlegen, was mehr zählt: Das Gemeinwohl oder die Interessen eines Einzelnen.


Welche Vorteile entstehen denn Ihrer Meinung nach durch den Bau der Halle für das Gemeinwohl?

Kandlinger: Die Halle dient den Gemeinden und Talbewohnern zur Versorgung mit im Winter benötigtem, trockenen Streusplitt. Der wird „nebenan“ – also regional – hergestellt. Für den Nachbarn fungiert die Halle mit den seitlich angefügten und bepflanzten Erdwällen als effizienter Lärmschutz, der durch die Verlegung der Zufahrt weiter verbessert wird. Es hat übrigens auch schon ein Gericht bestätigt, dass der Lärmschutz verbessert wird. Das liegt bereits Schwarz auf Weiß vor.

Und wo irren die Gegner ihrer Meinung nach?

Kandlinger: Das Landratsamt hat ein Gesamtkonzept erarbeitet, das neben dem Naturschutz auch den Lärmschutz, den Hochwasserschutz und die öffentliche Sicherheit berücksichtigt. Das Haus des Nachbarn ist übrigens erst gebaut worden, als es das Kieswerk mit Lagerplatz neben der heutigen Bundesstraße schon seit rund 30 Jahren gab. Außerdem haben ihm mehrere Behörden, mehrere Gerichte und nun sogar der Landtag bescheinigt, dass er im Unrecht ist.


Gibt es aus ihrer Sicht eine alternative Lösung?

Kandlinger: Eine Alternative gibt es nicht. Aus meiner Sicht würde es auch keinen Sinn machen, den Splitt wieder erst in der Gegend herumfahren zu müssen. Noch dazu ist die Halle unmittelbar an der Bundesstraße gelegen und muss nicht etwa durch ein Wohngebiet angefahren werden. Es macht wirtschaftlich auch nur Sinn, wenn wir den Splitt verkaufen, den wir vorher selbst hergestellt haben. Anderen, beziehungsweise fremden Splitt kaufen, dort lagern und dann damit handeln – das lässt sich nicht darstellen.


Was passiert mit dem Biotop, wenn die Halle jetzt gebaut wird?

Kandlinger: Dies wurde in der Vergangenheit wiederholt vom Landratsamt immer wieder anschaulich dargestellt, teilweise bei Ortsterminen. Dabei waren auch die Tal-Bürgermeister anwesend und haben die Pläne verteidigt. Das alles leider ohne objektive Wahrnehmung der Gegner. Das „Grüne Wasserl“ wird eben nicht mit 600 Kubikmetern „Schutt und Abraum“ zugeschüttet, wie in der Vergangenheit behauptet. Im Gegenteil: Das Biotop wird vergrößert! Dazu braucht man ja nur auf die Karte zu schauen. Zudem handelt es sich bei der Wasserfläche um den Ablauf, da sich das eigentliche „Grüne Wasserl“ auf der anderen Seite der Bundesstraße befindet und überhaupt nicht betroffen ist.

Eine ähnlich große Lagerhalle steht in Moosrain / Quelle: Klaus Wiendl

Inwieweit können Sie die Bedenken des Anwohners und der Schutzgemeinschaft nachvollziehen?

Kandlinger: Die Schutzgemeinschaft hat sich – das ist beileibe nicht nur meine Wahrnehmung – zu Gunsten der Privatinteressen des Anwohners „vor den Karren spannen“ lassen. Hinzu kommt, dass die Protagonisten der SGT oft nicht zu den Alteingesessenen gehören, die die örtlichen Verhältnisse eben auch aus der Vergangenheit kennen. Auch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Leute aus einem schlechten Gewissen heraus handeln, da sie selbst auf einer überbauten Fläche wohnen, oder diese bebaut, vielleicht auch nachträglich erweitert haben. Nun glauben sie, sich aufgrund ihres eigenen „ökologischen Fußabdrucks“ gegen alles Mögliche wenden zu müssen, verlieren dabei aber die arbeitende Bevölkerung aus den Augen, die eben auch da ist.

Was kritisieren Sie an den Gegnern?

Kandlinger: Man sollte dem Kieswerk zugestehen, dass es sich wirtschaftlich betreiben lässt und sich entwickeln kann. Sicherlich gibt es Bauvorhaben, die kritisch zu betrachten sind. Nicht aber diese Lagerhalle. Sie wird errichtet auf einer bereits seit rund 100 Jahren befestigten, ehemals zum Kieswerk gehörenden Fläche. Das Biotop war an dieser Stelle noch nie. Was ich an dieser Stelle noch sagen möchte: Dass man hinsichtlich der beiden Petitionen Absprachen zwischen Landratsamt und Umweltausschuss vermutete, zudem die beiden Berichterstatter derartig diskreditierte, ist mir völlig unverständlich. Eigentlich bedenklich, wenn man zu derartigen Mitteln greift, um noch „das Ruder herumreißen“ zu wollen.


Wie sehr hat der Streit mit dem Nachbarn Sie in den vergangenen Jahren belastet?

Kandlinger: Von meiner Seite gibt es keinen Streit. Ich arbeite nur und will meinen Aufgaben am Kieswerk nachkommen. Der Nachbar nennt sein Grundstück selbst ein „Sperrgrundstück“. Daher vermute ich: Wenn die Zufahrt verlegt wird – von seinem Grundstück weg – dann hat er auch keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr. Wir könnten dann das Werk erreichen, ohne seinen Grund zu betreten. Um in das Kieswerk zu gelangen, müsste ich mich somit, beispielsweise am Samstag, nicht mehr wie ein Dieb in mein eigenes Werk schleichen.

Übrigens hat auch das Landratsamt Miesbach bestritten, dass es dem Anwohner um Umweltschutz oder Naturschutz geht. Dies wurde „Schutzbehauptung“ genannt. Vielmehr gehe es ihm nur um seine Aussicht, etwa auf den Wallberg. Der damalige Abteilungsleiter sagte bei einem Vor-Ort-Termin: „Es gibt aber kein Menschenrecht auf eine schöne Aussicht“. Die vorher an Stelle der zu errichtenden Halle gestandene Fichtenreihe war übrigens um ein gutes Stück höher als die Halle.


Wie beurteilen Sie den Rückhalt für Ihre Firma seitens der örtlichen Politik?

Kandlinger: Der Rückhalt in der Bevölkerung ist groß. Und Gott sei Dank auch der örtlichen Politik. Damit meine ich das Landratsamt Miesbach und auch alle Talgemeinden. Diese hatten ja schon im Jahr 2015 bestätigt, dass sie die Errichtung der Halle absolut unterstützen. Unterschrieben wurde dies von allen fünf Talbürgermeistern. Man erkennt es an, dass ich mit dem Betrieb des Kieswerks hinsichtlich des Hochwasserschutzes eine hoheitliche Aufgabe erfülle, und gleichzeitig im Tal benötigtes Kiesmaterial in verschiedenen Fraktionen herstelle. Damit ist das Kieswerk auch ein wichtiger Teil der Infrastruktur des Tegernseer Tals.

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