Warum spielen wir?

Es scheint als alberne Kinderei und ist doch von großer Wichtigkeit für unsere Entwicklung: das Spielen. Hier erlernen wir, wie die Welt funktioniert, imitieren selbige und ziehen daraus Erkenntnisse für den Rest unseres Lebens. Spielen, Schule und das Elternhaus, das Umfeld der Kinder – es prägt.

„Play“ und „Game“.

George Herbert Mead – geboren am 27. Februar 1863 in Massachusetts und gestorben am 26. April 1931 in Chicago – studierte am Oberlin College, aber auch in Leipzig und Berlin. Die University of Chicago beschäftigte ihn zwischen 1894 und 1931 als Professor für Philosophie und Sozialpsychologie. Ihm ist die Überlegung zu verdanken, dass drei Faktoren für unsere Identitätsentstehung verantwortlich zeichnen. Sprache, aber auch Play und Game, also das kindische und das organisierte Spielen. Bei dem einen steht die Rollenübernahme im Fokus (Play), also die Imitation, während das „Game“ die angenommene Rolle rekontextualisiert – und zwar in Relation zu anderen Personen.

Die Bedeutung des Spielzeugs

Freilich muss das passende Spielzeug ab 1 Jahr erst einmal gefunden werden. Hernach kann es allerdings, je nachdem, für welche Spielsachen man sich entschieden hat, Play- und Game-bezogen losgehen. Nehmen wir als Beispiel einfach nur mal Holzperlen. Mit denen lernt das Kind greifen, anschließend ist es möglich, es als Schmuck oder gar Zahlungsmittel zu verwenden.

Und natürlich darf der pädagogische Überbau der Spielsachen nicht fehlen, weswegen sich neben Lauflernwagen und Walkern, Rutschautos, wie auch Fühlbücher eignen. Aber auch Spielzeuge, bei denen es um die Erkennung von geometrischen Formen geht, bis hin zu Kuscheltieren reicht die Angebotspalette und besonders die letztere Kategorie benötigt Aufmerksamkeit. Diese stellen immerhin einen weiteren Freund und eine zusätzliche Bezugsperson dar, auch wenn es nur eine Puppe aus Stoff und Watte ist.

Und im Laufe des Spielens, sei es nun mit einer Puppe oder, später, Autos und Actionfiguren, entspinnt sich eine kleine Geschichte, die gespielt wird. Diese mag im ersten Moment für Außenstehende ein wenig merkwürdig daherkommen, aber sie existiert. Die Autoren dieser Storys sind jene Kinder, die, alleine oder in Gemeinschaft, auf dem Autoteppich sitzen, Klemmbausteine aufbauen oder mit Actionfiguren Abenteuer erleben.

Wie uns Werbung ändert

Aber im Lauf der Zeit ändert sich das Spielverhalten. Leider wird uns von der Werbeindustrie viel in das Thema hereingeredet. Da muss man gar nicht lange suchen, sondern findet gleich bei dem Klemmbausteinhersteller Nummer 1, der sympathischen Firma aus Billund, genannt „Lego“ eine Unterteilung in „Lego Friends“ (für Mädchen) und Lego City (für Jungen). Jetzt könnte man festhalten, dass dies eigentlich egal wäre, da die Steine ja wohl universell passen würden. Und dem ist so, wenn man von der Farbgebung absieht. Aber das Bedenkliche ist, dass sich die Friendsfiguren und die normalen Legofiguren in Machart und Größe unterscheiden, sodass es nicht ohne weiteres möglich ist, beide in denselben Kontext zu setzen.

Und von Barbie, der Figur aus dem Hause Mattel, die jetzt eine reale Kinoauswertung erhält, bei der Margot „Harley Quinn“ Robbie die Titelheldin spielt, habe ich noch gar nicht gesprochen. Sicherlich, oberflächlich gesehen ist diese Figur das Sinnbild der Frau, die einfach alles kann. Sie ist Tierärztin, Astronautin, war sogar einmal Mitglied der Sternenflotte aus Star Trek, wobei sie Uhuras rote Minirockuniform trug und ist sogar von Agentin bis Märchencharakter in jeder Rolle präsent.

Aber das ist doch dann ein Vorteil, möchte man meinen. Jedoch: Wenn man einen Blick auf die Körperform wirft und auf die Tatsache, dass all das, was Barbie sein kann, nicht mehr als ein Kostüm ist, kann man sich nicht helfen, und muss der Sache mit einem gerüttelt‘ Maß an Skepsis gegenüberstehen.

Sieht es beim Jungs-Spielzeug denn anders aus?

Absolut nicht. Während bei den Spielzeugen für das weibliche Geschlecht gedecktere Farben, oder ein knalliges Pink, dominieren, werden Spielzeuge für die männliche Fraktion in kräftigeren Farben, beispielsweise Blau, gehalten. Außerdem kann der Einsatzzweck der Spielwaren anders gewichtet sein.

So kann der Junge sämtliche Berufe annehmen, solange sie auf Wettkampf und Kraft ausgelegt sind. Kranführer? Klar, logisch. Baggerfahrer? Auch kein Problem. Polizist? Ja, aber sicher! Hier sind Walkie-Talkie, Pistole und Handschellen. Sternenkrieger? Na, aber warum fragt man? Hier ist das Set, mit dem man das Laserschwert nach eigenen Wünschen gestalten kann. Soldat? Freilich. Hier ist die Megawasserpistole oder das Pfeilgewehr. Handwerker? Ja, warum sagen Sie das nicht gleich? Hier – eine kleine Werkbank, eine Kreissäge und ein Bohrer.

Aber man sollte mal nach einem Ärztekoffer fragen, oder sonstigen Spielsachen, die in den Care-Bereich gehen. Zudem fängt man bei den Mädchenspielsachen sehr früh mit Schmuck und Schminksets an. Aber wir wollen fair sein: Inzwischen hat man auch die Mädchen als Freundinnen des eher actionlastigen Spiels entdeckt und als Zielgruppe erkannt. Sprich, man hat endlich begriffen, dass Mädchen, wie Jungs sich gerne mit Schaumstoffpfeilen oder Wasserpistolen abschießen. Dennoch: mal wieder ist die Farbgebung doch sehr eindeutig.

Dieselben Spielwaren sind für Jungs natürlich in knalligen Farben, rot, blau, grün erhältlich, während die Farbpalette der Mädchen eher im pastelligen angesiedelt ist. Und es gibt „taktische Einsatzwesten“, in denen die Magazine verstaut werden können, wie auch „Sonnenbrillen“ für Mädchen zu kaufen. Und da war die Farbgebung freilich auch wieder auf „Mädchen“ ausgerichtet, die sich offenbar keine grüne oder schwarze Einsatzweste kaufen würden. Nein – die entsprechenden „Klamotten“ sind pink.

Aber auch hier stehen, wenn auch unbewusst, das „Play“ und das „Game“ im Fokus. Das „Play“ ist das Nutzen der Spielsachen und das Anlegen der taktischen Weste, das Game ist die Geschichte, die sich um diese Situation entwickelt. Die kann unterschiedlich aussehen. Entweder werden hier Geschlechterklischees auf den Kopf gestellt und Mädchen und Jungs kämpfen gemeinsam gegen angreifende Außerirdische – oder der Geschlechterkampf wird zelebriert, sodass die Jungs und die Mädchen einander mit diesen Spielsachen beschießen.

Wie weitergespielt wird

Es wäre eine extrem-verkürzte Tatsachenumschreibung, wenn man behaupten würde, dass Kinder beiderlei Geschlechts nach der Pubertät nicht mehr spielen würden. Das tun sie natürlich noch, allerdings haben sich wieder einmal die Bezugsrahmen verändert. Sie spielen beispielsweise Computerspiele, League of Legends, „Star Trek: Bridge Crew“, wo auch gleich Rollenspielelemente einfließen können, oder versuchen sich am neuesten Super Mario Spiel für die neueste Konsole.

Andere gehen auf Conventions, um sich als Teil einer Gemeinschaft zu begreifen oder spielen Rollenspiele, entweder auf den Conventions, im Internet oder anderswo, um dem Mead’schen Konzept von „Play“ und „Game“ folgend, andere Identitäten anzunehmen und sie in den eigenen Kontext zu setzen.

Fazit

Es wäre gelogen, zu sagen, der Mensch spielt nur bis zu einem bestimmten Alter. Er hört nie auf. Ein schönes Beispiel dafür ist die startende Gamification des Bewerbungsprozesses, wo im sogenannten „Recruitainment“ eine Story durchgespielt wird, bei der die Lösungen relevant für die Bewerbung sind. Sprich: Der Mensch spielt immer weiter. Und da stellt sich natürlich, wie nach jedem Spielen, immer diese eine Frage: „Wohin mit den Spielzeugen, die man über den Lauf der Jahre angehäuft hat?

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