Lange wurde um den Standort am Badepark gerungen. Besorgte Nachbarn überlegen noch juristische Schritte. „Das Heizwerk hat schon ziemlich viel Feinstaub aufgewirbelt“, klagte zuletzt Bürgermeister Peter Höß. Doch er ist überzeugt davon, dass das Heizwerk mit Fernwärmenetz ein Beitrag zur Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen wäre. Zudem würde es die Luft verbessern und dem Ort helfen, sein Prädikat als heilklimatischer Kurort zu sichern.
Die Vorarbeiten dazu lieferten Karl Schönbauer vom Arbeitskreis Tegernseer Tal Energie und Klimaschutz (ATTEK) und Michael Brünner, Chef des Miesbacher Ingenieurbüros EST (EnergieSystemTechnik). Das Kraftwerk würde zu 80 Prozent mit Holz aus den Wäldern rings um die Gemeinde versorgt. Der Knackpunkt aber sind konkrete Zusagen von potentiellen Abnehmern.
Bisher gebe es nur Absichtserklärungen. Was fehlt ist ein Schlüsselkunde wie das Hotel-Großprojekt der Familie Strüngmann am Seeufer. Definitiv abgewunken haben bereits die Schweizer Investoren von SME, die einen Steinwurf weit entfernt vom geplanten Heizwerk ihr Aktivitätshotel auf dem ehemaligen Jodbad-Gelände errichten wollen. Sie sollen sich für eine „unabhängige Wärmeversorgung über ein eigenes Blockheizkraftwerk entschieden“ haben.
Interessenskollision befürchtet
Unabhängig davon aber treibt die Gemeinde die EU-weite Ausschreibung voran und hofft, dass sich ein regionaler Betreiber für das Heizwerk interessiert. Nun meldet die Gemeinde in einer Pressemitteilung, dass „dieses wegweisende ökologische Projekt in Bad Wiessee“ Ende April auf die nächste Stufe der Realisierung gehoben wurde. Ausgeschrieben sind der Wärmeliefervertrag mit der Gemeinde sowie die Konzessionen für den Bau des Nahwärmenetzes und Nutzung des Grundstückes.
Verantwortlich dafür zeichnet nun die Kanzlei Noerr, die von der Gemeinde beauftragt wurde, um einen möglichen Interessenskonflikt zu vermeiden. Denn Michael Brünner von EST habe auftragsgemäß bereits Gespräche mit mehreren potentiellen Bietern geführt. Daher wurde das beratende Ingenieurbüro getauscht. Ab sofort führt die Steinbacher Consult aus dem schwäbischen Neusäß mögliche Verhandlungen. Diese sind ehrgeizig.
Erste Wärme bereits in vier Jahren?
Bereits Anfang nächsten Jahres soll die Vergabe an einen „Contractor“ erfolgen. Ist dessen Nachweis einer Wirtschaftlichkeit erfolgt, wäre der „offizielle Projektstart spätestens Anfang 2021 zu erwarten“, so die Gemeinde. Die erste Wärme, so die Prognose, könnte bereits im Sommer 2022 erfolgen. Bei endgültiger Vergabe und Realisierung dieses Projektes gehe die Verantwortung an den jeweiligen „Contractor“ des Nahwärmenetzes über.
„Die Gemeinde wird nach Beschluss des Gemeinderates weder finanzielle noch organisatorische Verantwortung für die Biomasseversorgung übernehmen“, schreibt die Gemeinde in ihrer Mitteilung. Sie sei mit den bisher erbrachten Leistungen von EST und des Projektkoordinators Schönbauer „außerordentlich zufrieden und bedankt sich für die kompetente und engagierte Bearbeitung“. „Wenn wir uns da nicht so reingehängt hätten“, sagt Schönbauer auf Nachfrage, „dann wär’s gar nicht so weit gekommen“.
Geplant ist ein 17,50 mal 17 Meter großes, sechs Meter hohes Gebäude mit Flachdach, an den Badepark angebaut. Der Bunker für 310 Kubikmeter Hackschnitzel ist vier Meter tief in der Erde. Eine zweistufige Rauchgasreinigung durch einen sogenannten Multizyklon und einen Elektrofilter soll dafür sorgen, dass „oben aus dem Kamin nur Wasserdampf herauskommt“, so Brünner vom einstigen Planungsbüro EST, das die Kosten auf rund 6,2 Millionen Euro kalkuliert.
Auch wenn das Landratsamt das Projekt als „bedeutenden Schritt für die Energiewende im Landkreis“ einstuft, so steht es bislang mangels konkreter Zusagen noch auf tönernen Füßen.
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