Rechnungsprüferin des Landratsamts erhebt schwere Vorwürfe

Claudia W., Kreisrechnungsprüferin im Landratsamt, flatterte 2014 eine Kostenbeteiligung des Landkreises von 36.000 Euro an der Bürgermeisterfahrt nach Interlaken auf den Tisch. Genau zwei Jahre nachdem die „Informations-Fahrt“ immense Kosten von 85.000 Euro verursacht hatte. Vor dem Landgericht zeigte sich die Zeugin über die „maßlosen Kosten“ überrascht.

In diesem Hotel in Interlaken fand die Sause für 85.000 Euro statt. / Foto: Siegfried Platz

Aufmerksam hörten die Angeklagten ihr zu: Ex-Sparkassenchef Georg Bromme und Ex-Landrat und einstiger Verwaltungsratschef der Kreissparkasse (KSK), Jakob Kreidl. Vor allem sie werden der mehrfachen Untreue, Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung in der sogenannten „Sponsoring-Affäre“ beschuldigt. Daher war von Bedeutung, welche Kenntnisse die gelernte Verwaltungskauffrau von den Buchungsvorgängen hatte.

Beträge bis zu 25.000 Euro konnten ohne einen Beschluss des Kreistages unter seinen „Geschäftsaufwendungen“ verbucht werden. Doch nicht die 36.000 Euro, mit denen sich der Landkreis an der Bürgermeisterfahrt mit Begleitpersonen im April 2012 nach Serfaus und Interlaken noch nachträglich beteiligte. Denn inzwischen war die Stimmung im Landkreis nach Auffliegen der „Kreidl-Affären“ aufgeheizt. Beteiligte versuchten zu retten, was noch zu retten war.

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So soll Kreidl laut Anklage 2014 einen Vermerk, der die Durchführung der opulenten Reise rechtfertigen sollte, auf den Juli 2012 zurückdatiert haben. So fiel es Claudia W. schwer, eine Kostenstelle ohne Beschluss zu finden. Denn „der Landkreis hatte keine genaue Kenntnis über die Kosten“. 2012 wären solche Fahrten noch „unbehelligt durchgegangen“. Erst mit dem Auffliegen der Kreidl-Affäre Anfang 2014 sei dann „gründlicher gegraben worden“, schließlich seien es öffentliche Gelder, mit denen man „verantwortungsvoller umgehen müsse“.

Kreidl und Mihalovits veranlassten Kostenbeteiligung

Im Rechnungsprüfungsausschuss des Landtages, für den sie einen Bericht fertigen musste, sei dann geurteilt worden, dass es sich um keine reine Informations- sondern mehr um Brommes Abschlussfahrt handeln würde. Der KSK-Vorstandschef schied Ende März 2012 aus und wurde mit einem gut dotierten Beratervertrag weiterbeschäftigt.

Brommes Nachfolger, der Mitangeklagte Martin Mihalovits, habe dann mit Kreidl veranlasst, dass sich der Kreistag mit 36.000 Euro an den Kosten beteilige. Doch die Rechnungsprüferin des Kreistages „hätte sich leichter getan“, wenn sie eine Buchungsstelle gekannt hätte. „Der Landkreis hat dann für 18 von 43 Teilnehmern die Kosten übernommen“.

Reise nach Interlaken „am Ziel vorbeigeschossen“

Auch der Kämmerer des Landkreises, Gerhard de Biasio, habe sie gefragt, wie die Kostenübernahme zu verbuchen sei. Überall habe sie gehört, „dass Landrat Kreidl das Feingefühl für die Finanzen abhanden“ gekommen sei. Allen sei klar geworden, dass das Ziel der Informationsgewinnung auch „einfacher“ hätte erreicht werden können. Denn statt eines Touristikers seien nur die Ehefrauen dabei gewesen.

So sei nach Ansicht des Rechnungsprüfungsausschusses die Fahrt „am Ziel vorbeigegangen“. Das Geld hätte man für „sinnvollere Projekte ausgeben können“, die Aufsicht der Sparkasse sei grob „vernachlässigt“ worden, hieß es 2014, als sich der Landtag damit befasste. Bromme sei gerne als „Wohltäter“ aufgetreten, deswegen habe die KSK solche Ausflüge seit 2011 übernommen.

Verhaltenskodex des Kreistages

Doch mit dem Amtsantritt von Mihalovits seien solchen „Fahrten auf Null gestellt worden“, so die Zeugin heute vor der Wirtschaftsstrafkammer. Im Sommer 2014 sei dann auch ein Verhaltenskodex des Kreistags verabschiedet worden. „Wo vorher Spenden geflossen sind, hat der Landkreis dann später die Gelder solcher Reisen selbst eingeplant“. Beispielsweise für eine Fahrt nach Bodenmais 2016, so die Mitarbeiterin des Landratsamts. Schließlich sei man mit dem Auffliegen der Affäre „stark unter Beobachtung gestanden. Alles sollte auf den Tisch“.

Ob denn auch die Ausbaupläne für das Sudelfeld Zweck der Reise nach Interlaken gewesen sein könnten, wurde Claudia W. gefragt. Dies habe sie nicht „mitbekommen“, da zudem schon Masterpläne für die Liftanlagen und den Speichersee vorhanden gewesen seien. Am Nachmittag will das Gericht eine weitere Zwischenbilanz ziehen.

Vorangegangene Berichte:

21.11.: Fragwürdige Tourismusförderung
19.11.: Mehr als ein Glaser Wein
14.11.: Rabenschwarzer Tag für den Staatsanwalt

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