Streiten statt empören

Endlich. Die Wahl ist durch. Denkt man. Weniger verquere historische Vergleiche in den sozialen Netzwerken („So fing es 1933 auch an“), weniger Selbsterhöhung durch moralische Empörung. Jetzt muss argumentiert werden.

Mehr über Argumente streiten, weniger Bänder durchschneiden – findet unser Kommentator.

Ein Kommentar von Martin Calsow:
Schauen wir uns das einmal im Landkreis an: Die AfD ist hier erfolgreich gewesen und die CSU abgewatscht worden. Die SPD findet faktisch nicht statt. Der grüne Kandidat schlägt sich beachtlich, aber das ist im Grunde auch wurscht. Über achtzig Prozent Wahlbeteiligung – ein großartiges Ergebnis. Wir glauben an die Macht unserer Stimme. Nix Merkel-Diktatur, kein „Die machen doch eh, was sie wollen.“

Wer den Erfolg der AfD verstehen will, sollte zwei Dinge tun. Wähler und Partei trennen. Die AfD ist eine zutiefst autoritäre Truppe mit einem Personal, dass haarscharf an der Grenze (und meist auch gern darüber hinaus) des demokratisch Zumutbaren agiert. Es ist ein Sammelsurium an Provokateuren, Hetzern und auffallend vielen Gescheiterten.

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Aber dann sind da die Wähler. Will man deren Motive verstehen, sollte man konservativen Menschen zuhören, sie nicht eilfertig verdammen oder verachten. Viele, die ich kenne, haben diese schräge Truppe schlicht gewählt, weil ihnen und ihren Sorgen keiner mehr Beachtung schenkt. Flüchtlinge, Globalisierung, Minderheiten-Themen, neue Sprachcodes. Das alles war und ist diesen Menschen fremd. Die arrogante Selbstverständlichkeit, mit der viele Großstädter (und auch Medienvertreter) über diese Ängste und Sorgen hinwegsäbelten, missfiel einigen Menschen – auch wenn dreizehn Prozent nicht die Mehrheit ist, nicht einmal im Ansatz.

Nach Jahren des fernen Politikmanagements, können wir uns auf Streit und Abgrenzung, auf Haltung oder Rückgratlosigkeit freuen. Worum es jetzt geht: Am Ende helfen die Moralkeulen nicht. Es zählen Argumente. Für einige Berufspolitiker könnte das heißen: Sich einfach mal häufiger blicken lassen. Nicht nur Bänder bei Straßen und Festeröffnungen durchschneiden. Sondern auch während der Legislaturperiode um die Meinungen der Menschen kämpfen.

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