Köck reagiert auf Kritik gegen Rathaus-Neubau
Tegernsee als Abschreckung

Im Januar wurde der Neubau eines Rathauses für Rottach-Egern verkündet. Vier Wochen später regt sich Widerstand in der Bevölkerung gegen die Planung. Der Bürgermeister erklärt sich und seine Pläne.  

Von links nach rechts: Sepp Lang, Christian Köck und Gerhard Hofmann

Sie kamen zu dritt. Bürgermeister Christian Köck, sein Stellvertreter Sepp Lang und der Geschäftsleiter Gerhard Hofmann erklärten uns ihre Wahrheit über die Pläne zum Rathaus-Neubau. Am 23. Januar hatte der Bürgermeister stolz in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung das Projekt vorgestellt: Abriss des alten Hauses samt Turm. Dreistöckiger Neubau mit Tiefgarage und großen Vorplatz. Alle Gemeinderatsmitglieder stünden dahinter. Wenn die Genehmigungen heuer durch seien, könne man im Frühjahr 2024 mit dem Abriss beginnen. 11,5 Millionen Euro plant die Kommune für das gesamte Projekt ein.

Nun haben Bauprojekte der Kommunen in jüngster Zeit im Tal den Ruf des Millionengrabs. Schuld daran für viele Kritiker: Der Bau des Feuerwehrhauses Tegernsee. Dort begann vor über einem Jahrzehnt mit der Planung. Mit 6 Millionen Euro rechnete man. Heuer ist man bei 18 Millionen Euro, und noch immer fährt kein Einsatzwagen heraus. Gründe: Immer wieder Verzögerungen durch Bürgerinitiativen, endlose Stadtrat-Diskussionen über Wohnungen oder Fassadengestaltungen. Hinzu kamen Pandemie und die damit verbundenen Lieferketten-Probleme für Baustoffe, sowie jüngst eine massive Verteuerung der Gewerke durch den Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Steigerung der Energiekosten. Letztlich ist der Neubau aus vielen Gründen zwingend, konnte Bürgermeister Johannes Hagn das Schlimmste verhindern und den Freiwilligen Feuerwehrlern ein Haus mit Zukunft erkämpfen. Aber der Preis ist hoch, mindestens drei Mal so hoch…

Sein Kollege Köck will seine Lehren daraus ziehen. Denn wie in Tegernsee regt sich auch in seinem Ort Widerstand gegen den Neubau. Stefan Berghammer, Bauer und FeWo-Gastgeber aus Rottach-Egern, stemmt sich mit Freunden gegen den Neubau. Er hat nach eigenen Aussagen die “Förder- und Schutzgemeinschaft Rottach-Egern gegründet – eine Interessensgemeinschaft mit etwa 15 bis 20 Leuten, wie Berghammer dem Merkur berichtet. „Wir sind gerade erst im Aufbau“, sagt der 48-Jährige dort. Mit einem Mitstreiter, Marco Zimmermann, hat Berghammer einen Brief an Bürgermeister Christian Köck (CSU) und die Mitglieder des Gemeinderats geschrieben. Dieser erreichte Köck am Montag. Darin stellen die Männer Fragen zum Rathaus-Neubau. Sie kritisieren die Höhe für Abriss und Neubau, erinnern in ihrem Brief an das Beispiel “Feuerwehrhaus Tegernsee”. Eine Tiefgarage müsse auch nicht sein. Man habe gegenüber auf dem Zentralparkplatz genügend Plätze.

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Aber noch wichtiger für Berghammer und Co.: Der Turm muss bleiben. Er sei ein wichtiges Wahrzeichen des Ortes, von vielen Menschen sehr geschätzt. Wenn Neubau, dann müsse der Turm integriert werden. Auch die Fassadengestaltung, die man Köcks Bild in der Januar-Sitzung entnehmen konnte, fiel nicht auf Zustimmung bei den Herren. „Wir wünschen uns eine Fassade, die sich in das traditionelle Ortsbild der Gemeinde Rottach-Egern harmonisch eingliedert”, forderten sie. Überhaupt: Eine breite Bürgerbeteiligung müsse her.

Stefan Berghammer ist für Christian Köck (CSU) kein Unbekannter. Der Bauer war lange ein Parteifreund des Bürgermeisters, die er aber vor einigen Jahren, wohl im Zuge der Flüchtlingskrise, verließ. 2016 sammelte Berghammer Unterschriften gegen die Asyl-Traglufthalle am Birkenmoos. Die Sorge um die Sicherheit seiner Töchter habe ihn umgetrieben. Das Ende vom Lied: Die Halle wurde gebaut, Berghammers Töchter blieben sicher. Auch während der Pandemie fiel der Landwirt mit Plakaten auf seinem Anwesen auf, wo er seine Sicht auf die Welt kundtat – in Wurfweite zum Parteibüro des CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan.   

Jetzt also die Kritik am Neubau. Bürgermeister Köck ist an diesem Mittwoch nicht amüsiert über diesen Querschläger. Er sitzt im großen Sitzungssaal des alten Rathauses und nimmt sich die Punkte des Ex-Parteifreundes vor. Zuerst einmal fasst er sich an die eigene Nase: Es war sein Fehler. Er hätte das “Buidl” vom neuen Rathaus nicht herzeigen dürfen. Rottachs Bürgermeister hat damit der neu gegründeten Initiative visuelles Futter für Widerstand gegeben. Dann aber das große “Aber”:

“Wir sollten von wahren Tatsachen erst einmal ausgehen”, bittet er. Ja, er hätte das Foto nie herzeigen dürfen. “Das hat einen falschen Eindruck gemacht. Wir werden hier keinen austauschbaren Bau hinstellen.” Das Foto zeigte aber genau das. Irgendein austauschbares Lattenmonster, das auch in Aschaffenburg oder Schlangenbad stehen könnte. Die Verwaltung habe aber hier eine Vorbildfunktion. “Wir können nicht den privaten Bauträgern mit Ortsgestaltung kommen und selbst etwas bauen, was nicht in den Ort passt”. Er werde noch am 28. März in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung eine Fassadengestaltung und mehrere Varianten präsentieren, die dem traditionellem Charakter Rottach-Egerns Rechnung trügen. Zwei Tage später, am 30. März, könne dann auch noch sich jeder Bürger in einer Bürgerversammlung informieren und Fragen dazu stellen. Dann ist aber auch Schluss mit Selbstkritik.

“Der Turm kommt weg”, sagt Köck deutlich. Er sei von 1959 und erfülle keinerlei Zweck. Auch werde nicht am Neubau ein Replikat entstehen. Mit dem Wegfall des Turms habe man nun mehr Platz zwischen Straße und Nördlicher Hauptstraße. Das war immer ein Wunsch, auch in Hinblick auf die Vielzahl der Hochzeiten, die im Rottacher Standesamt stattfänden.

Eine bauliche und damit finanzielle Verkleinerung des Projekts kommt für Köck nicht infrage. Der alte Bau sei kaum zu sanieren, die Arbeitsplätze zuweilen Zumutung und behindertengerecht sei hier kaum etwas.  Die Mitarbeiterzahl (aktuell 24 Personen) in der Verwaltung verändere sich durch gestiegene Anforderungen in den nächsten Jahren nicht. Weniger Büros wären illusorisch. Das würde auch die kommende Digitalisierung nicht beeinflussen, ist sich der Bürgermeister sicher, und, einmal in Schwung, räumt er auch gleich die Tiefgaragendebatte ab: “Wir haben wie alle Hauseigentümer im Ort einem Stellplatzschlüssel zu folgen. Wir brauchen eine Tiefgarage mit 35 Stellplätzen”, ist sich Köck sicher. Und sein Stellvertreter Lang fügt hinzu: “Wenn ich den Baugrund einmal anfasse, dann mache ich das doch richtig. Wir wollen doch angesichts der räumlichen Begrenztheit im Tal die Autos unter der Erde verschwinden lassen.” Geschäftsleiter Hofmann ergänzt: “Wer baut, der baut doch nie kleiner als vorher.”

Köck ist sich sicher, dass er Ende März der Öffentlichkeit einen neuen Plan vorstellen kann, “mit dem auch Stefan Berghammer zufrieden sein.” Aber eines ist ihm wichtig: Der Bauer bekommt in den nächsten Tagen noch eine Antwort in Form eines Briefes zugeschickt. Köck will seinen Zeitplan nicht durch Querschüsse durcheinanderbringen lassen. Spätestens Anfang 2026 will er selbst (oder sein/e Nachfolger/in) in den Neubau an der Nördlichen Hauptstraße ziehen.

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