Eine Glosse von Martin Calsow
Hatten wir kürzlich die Migräne-Fassade am Lindenplatz im Angebot, fahren wir nun Richtung Süden und schauen zum Schuppen des Schreckens. Hier, gegenüber vom Schmied Spitz und EDEKA wurde ein, nun ja, Holzhaus hineingezwängt. Dem Betrachter schreit dieser wehrlose Architektur-Bastard förmlich ein “bitte, mehr Platz” entgegen. Der Eigentümer hat es vor eine ortstypische Landhaus-Haziette gepresst, der “Ein/Durchgang” wurde zum Bürgersteig hin gezwängt, so dass der wohlwollende Betrachter an den klassischen Eingang zur Hölle erinnert wird.
Nun trete ein, und lasse all Deine Hoffnung fahren,
wäre an dieser Lattenlust das perfekte Mottoschild. Sollte jemals ein braver Bürger mit seinem Antrag im Bauausschuss scheitern, müsste sich zudem schweigend im Publikum Geschmacksdiskussionen diverser Ratsmitglieder (“Das Gelb der Fassade erinnert mich an meine Schwiegermutter”) anhören, darf er sich künftig immer an diese Hütte ohne Raum erinnern und denken. Manche sind eben gleicher.
Aber vielleicht ist es ja auch ganz anders: wiesseeiger, kühnesker gar. Ist das vielleicht ein Wartehäuschen für all jene Besucher der Saurüsselalm, die am Wochenende auf dem EDEKA-Parkplatz kostenfrei (meist Yoga-Influencer aus Nymphenburg) ihren SUV stehenlassen, um dann im Holzhaus auf der anderen Straßenseite auf die günstige Kutschenfahrt hoch zur Schampus-Schwemme vom Frifrafrühauf zu warten?
Dann passt das ja wieder in das neue Erlebniskonzept des Instagram-Bürgermeisters Kühn. Unten Krampus, oben Schampus. Wer zweigeschossige Ziegenställe in der Haslberger-Kolchose erlaubt, der darf auch beim Wartehäuschen für feierwillige Münchner ein Auge zudrücken. Insofern Chapeau.
Nächste Folge: Das Terrarium an der Wiesseer Seestraße – Reiche Reptiloiden unterm Rotlicht. Giganto-Glasfassaden sind wieder in.
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