Baut der Nachbar, schweigt man

Wiessees amtierender Bürgermeister Peter Höß nennt es eine „epochale Entscheidung“. Die Pläne für das neue Luxus-Hotel auf dem Strüngmann-Gelände nehmen immer mehr Form an. Nun wurden auch die Rottacher Gemeinderäte nach ihrer Meinung gefragt. Die zeigen sich allerdings nicht so begeistert.

Die Umrisse der Hotelgebäude anhand einer alten Luftbildaufnahme. / Skizze: Athos

Die Pläne für das Luxushotel auf dem Strüngmann-Gelände an der Wiesseer Seepromenade werden konkret. Das Gremium gab bereits grünes Licht für die Planung von Manuel Cervantes aus Mexiko und des Landschaftsarchitekturbüros enea aus der Schweiz. Zuletzt beschäftigte sich das Gremium Ende Januar erneut mit den fortschreitenden Plänen. Entstehen sollen auf dem 33.000 Quadratmeter großen Areal unter anderem 17 Suitenhäuser mit 90 Zimmern, ein Restaurant, ein Eventbereich, Kinderbetreuung, ein Dorfplatz sowie ein „Arrival“. Das größte Gebäude mit 108 Metern bildet der Spa- und Wellnessbereich. Ein dickes Brett.

Zudem sind noch drei Wohnhäuser mit Mietwohnungen sowie zwei Gebäude mit Service-Apartments geplant. Alle Fahrzeuge aus dem Hotel- und Wohnbereich sollen in der Tiefgarage direkt am See Platz finden. Für das Personal werden gegenüber im Haus Kureck Wohnungen und ein zweigeschossiges Parkdeck entstehen. Das Haus Kureck wurde im September vergangenen Jahres von der Gesellschaft „Bad Wiessee Service Wohnen 1 GmbH“ erworben. Diese gehört seit Juli 2017 zu gleichen Anteilen Fabian, Fiona und Felix Strüngmann, sowie Janina Rummel, gebürtige Strüngmann.

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Wiessee bittet um Rottachs Stellungnahme

Thomas Maier, Geschäftsführer der Athos-Gesellschaft der Familie Strüngmann, erklärte damals gegenüber dem Wiesseer Gemeinderat: Das Familienunternehmen wolle bewusst kein Grand Hotel errichten, mit „livriertem Diener am Eingang, der die Autotür öffnet.“ Wer das wolle, müsse eben in die Überfahrt nach Rottach-Egern gehen.

Die Gemeinde Rottach wiederum hat sich in der vergangenen Gemeinderatssitzung ebenfalls mit den Strüngmann-Plänen beschäftigt. „Wir als Nachbargemeinde sind beteiligt als Träger öffentlicher Belange“, erklärte Bauamtsleiterin Christine Obermüller zu Beginn. Ähnlich wie beim Klinik-Projekt Perronstraße in Tegernsee ist Rottach-Egern dazu berechtigt, eine Stellungnahme abzugeben.

Während Obermüller die Pläne vorstelle, schüttelten einige Gemeinderatsmitglieder immer wieder mit dem Kopf. Besonders als es um die Ausmaße und Wandhöhen von 7,50 bis 10,50 Meter bei den Suitenhäusern ging, ging ein Schnauben durch das Gremium. „Die Gebäudegrößen sind noch nicht fix. Das sind jetzt die Planungen“, so die Bauamtleiterin. „Die Gemeinde Bad Wiessee holt nun bis März die Stellungnahmen ein und wird sie auswerten, um im April dann den Beschluss zu fassen.“

75 Prozent Versiegelung

Während einige Gemeinderäte nicht ganz nachvollziehen konnten, was das Projekt denn nun mit Rottach zu tun hat, hat Thomas Tomaschek (Grüne) eine klare Meinung: „Ich finde, wir sind da sehr wohl betroffen. Wir müssen talweit denken. Es passiert in unserem Tal, vor unserer Haustür. Das ist ein wahnsinnig massives Bauvorhaben.“ Ihm sei bewusst, dass er nichts dagegen machen könne. Aber Tomaschek erinnerte an eine ähnliche Situation:

Ich hab noch im Ohr, wie es damals hieß: Das, was beim Brenner Park gelaufen ist, darf uns nie wieder passieren. Und ich denke, genau das passiert gerade wieder.

Er habe sich mit dem Bebauungsplan zum Strüngmann-Hotel befasst, in dem es heißt: „Nettobauland sind 66 Prozent, Verkehrsflächen acht Prozent und öffentliche Grünflächen 26 Prozent. Sprich, 74 Prozent sind verbaut und versiegelt“, so Tomaschek. Das sei enorm und auch wenn er nicht mitzureden habe, plädiere er dafür, als Gemeinde Rottach dennoch eine Stellungnahme abzugeben.

Tomaschek fürchtet: Das Strüngmann-Projekt nimmt Ausmaße wie die Tegernsee Villen im Brenner Park. / Quelle: Archiv

Was die Versiegelung angeht, sprach Klaus Fresenius (FWG) von einer Enttäuschung: „Ich finde es sehr schade, dass da die Grünflächen auch noch verkleinert werden. Der Kurpark ist ein essentieller Teil des Tals, gerade wenn man am See spazieren geht.“ Dennoch mische er sich ungern ein. „Denn die Frage ist natürlich: Ist ein großer Baukörper, der höher ist, besser als die Verdichtung mit niedrigeren, kleineren Häusern?“

„Unsere Meinung bedeutet nicht viel“

Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG) findet das Bauvorhaben ebenfalls zu massiv, dennoch „sollten wir es tunlichst bleiben lassen, uns bei anderen Gemeinden einzumischen. Jetzt wurden wir aber gefragt, und wenn ich gefragt werde, antworte ich auch“, so die dritte Bürgermeisterin. Sie zeigt sich erleichtert:

Ich bin wahnsinnig froh, dass ich über dieses Bauvorhaben nicht entscheiden muss.

Auch Bürgermeister Christian Köck (CSU) gibt zu: „Das sind massive Baukörper, da brauchen wir gar nicht drumrum reden. Da wurde schon geschaut, dass auf dem Grundstück möglichst viel möglich gemacht wird.“ Er hätte sich auch eine aufgelockertere, verträglichere Lösung gewünscht. „Ich erinnere mich noch, was aus anderen Gemeinden damals zu hören war, als die Überfahrt gebaut wurde. Die Überfahrt ist kein kleines Gebäude, das wissen wir alle.“

Aber wenn er sich das Strüngmann-Projekt jetzt anschaue, dann sei das schon auch ein sehr massives Vorhaben. „Unsere Stellungnahme ist zwar einerseits erwünscht, andererseits bedeutet sie auch nicht viel.“ Er sei deshalb weit davon entfernt, der Gemeinde Wiessee Vorschriften zu machen. Ähnlich sahen es auch die anderen Ratsmitglieder. So zeigte nur Thomas Tomaschek ein Bewusstsein für das gesamte Tal: Mit nur einer Gegenstimme (von eben Tomaschek) entschied sich die Rottacher Gemeinde, keine Stellungnahme abzugeben.

 


 

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