Ein satirischer Silvesterpunsch

Ein prachtvolles Jahr steht uns im Tal bevor. Martin Calsow, die Gute-Laune-Fee von der Westbank, gibt schon einmal einen Ausblick auf 2021.

Ein satirischer Silvesterpunsch für’s Tegernseer Tal

Ein Kommentar von Martin Calsow:

Es wird einfach großartig! Lief in 2020 einiges nicht so gerade (Pandemie, Lockdown, Bayern München Meister), verspricht das nächste Jahr ein Knaller (kein Böller und kein AfD-Bolle) zu werden. Fangen wir mit der duften Hang-Kommune auf der Ostseite des Sees an. Hier haben sich die fast viertausend Bürger ein Boutique-Feuerwehrhaus gewünscht – und bekommen es auch. Im redaktionsinternen Wettbüro wird darauf gesetzt, dass Grisu Hagn, der Mann, der keinen noch so schwindeligen Diskussionsbeitrag im Stadtrat abkürzt, die 15 Millionen-Euro-Grenze für den Bau reißen wird. Getreu dem Motto der neuen Reichen am Hang: Bezahlst Du Erdnüsse, bekommst Du Affen.

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Stichwort reiche Primaten: In Rottach-Egern ist die Shoppingmeile noch immer verwaist, die Unternehmersgattin aus Kassel cruised mit verzweifeltem Gesicht (falls diese Mimik die feinen Botox-Spritzen zulassen) zwischen Hildegard Bayerschmidts Parfum-Paradies und der Sterne-Bude von der Überfahrt. Aber die Überalterung der örtlichen Bevölkerung dürfte schon bald zu einer ausreichenden Herdenimmunität dank früher Impfung führen.

Dann wird neuen Shopping-Exzessen der Generation Labialfalte und Merkel-Bäckchen nichts mehr im Wege stehen. Es war den Wohlstandsghetto-Insassen aus East-Sonnenmoos nicht zuzumuten, ihre Kauflust mit dem Pöbel im Müller-Markt zu frönen. Warum allerdings der Drogerie-Riese munter Spielzeug, Schreibwaren und Bücher vertickern darf, die dafür vorgesehenen Einzelhändler aber die Tore schließen müssen, wird für immer Söders Geheimnis bleiben.

Kohler-City und buddhistische Schlichtheit

Dann ist da Kreuth, oder genauer Kohler-Kreuth. Das beschauliche Dorf am Körperausgang des Tals hat sich ganz dem umtriebigen Hotelier und studierten Fülosofen verschrieben. Das aktive Kerlchen mit Erbschafts-Hintergrund steuert von seiner Haziette in Gmund die Geschicke in Kreuth. Erst darf er sich mit seinen neuen Bauprojekten in Weissach seinen eigenen Ortsteil bauen und soll im Gemeinderat auch schon einen Fürsprecher für eine Umbenennung in Kohler-City in der Tasche haben.

Und nun, kurz vor Jahresende, verkündet der örtliche Hochadel eine Kooperation mit ihm: Wildbad Kreuth, jahrzehntelang Herzkammer der CSU, soll „Double K” mit der Lizenz zum Hemdaufknöpfen, in ein Heim für meschuggene ManagerInnen verwandeln. Sein Mitarbeiter, Verzeihung, der zuständige Bürgermeister Bierschneider freut sich: Kreuth, die arme Dorf-Verwandte im Süden, freut sich über jeden Steuergulden in der Kasse. Was Marienstein kann, ist für Kreuth ein Klacks.

Er nennt es natürlich anders: Retreat for Mental Health. Der Blaublüter von Maltzan kann sich zudem Baumhotels in der Nähe vorstellen. Die Kuraufenthalte in Kreuth haben zwar schon dereinst die blutarmen Zaren nicht vor ihrem Schicksal bewahrt. Aber als Marketing-Gag ist die Baumhaus-Idee sicher ganz hübsch. “Mental Health” passt sich auch organisch in Kreuths Anspruch, ein Bergsteigerdorf zu sein, ein. Die Heidi, der Ziegenpeter und die ausgebrannten Top-ManagerInnen (die im Lanserhof keinen Platz mehr bekamen) aus Frankfurt beim Sonnengruß in Wildbad – wenn das kein Zukunftskonzept ist! Passend dazu formuliert der Kohler-Korbi einen Satz von nahezu buddhistischer Schlichtheit im hiesigen Heimatblatt: “Ich will die Nummer Eins des Planeten werden.”

#haslbergerrocks

Weiter geht es um den See nach Bad Wiessee, wo das Handbuch für Parteiengezänk vergangener Tage in einem geheimen Ritual beim schönen! Preysing unten bei Schampus und Kaviar im See versenkt wurde. (Kleiner Schönheitsfehler: Termin ging nicht an Kurt und Klaudia raus…). Jetzt frönt der neue Bürgermeister einen nahezu maoistischen Personenkult, prangt auf diversen Gemeindeblatt-Titeln und reitet den ein oder anderen Plastiktiger, im Badepark wie auch im Gemeinderat. Vieles wurde dort professionell im Team angeschoben von den neuen Daltons von Miller, Sareiter, Trinkl und Kühn. Fraglich ist, ob sie den Verlockungen des Dorf-Mephistos und Zaunfetischisten Haslberger widerstehen können. Der wäre gern wieder beliebt, scheint mit Scheinen und Eröffnungen seiner zugesperrten Häuser zu winken. So eine Heimholung des verlorenen Sohnes kann schnell für Unmut bei den Zurückgebliebenen sorgen.

Dann ist da noch Gmund. Lametta war früher, heute regiert der neue Bürgermeister Besel alles mit ruhiger Hand weg. Keine Lederhose, kein Tamtam, aber dafür Ergebnisse. Größtes Projekt für den Fonsi im Horrorjahr: Die Lücke des Radweges in Finsterwald musste geschlossen werden. Hat er hinbekommen. Ein letzter Rest bleibt. Aber das schafft er auch noch. Dann stimmt das Gleichgewicht wieder im New Jersey des Tegernseer Tals. Der Vorort hat dank weniger Fremdenwohnungen und Hotels auch nicht so sehr unter dem Lockdown gelitten. Die Ortskantine, der Döner-Laden in Dürnbach, hatte dafür immer geöffnet.

Und über uns allen wacht der neue Landrat Olaf von Löwis. Gute Nachricht aus dem kommunalpolitischen Austragshäuserl für verdiente Bürgermeister: Opa Olaf wird im neuen Jahr von seinem jungen Umfeld auch in die Geheimnisse der digitalen Welt jenseits der SMS eingeweiht. Erste Stunde: Was ist eigentlich dieses WhatsApp, von dem meine Kinder immer sprechen?

Ein Hammer-Feuerwerk zum Abschluss

Auf geht’s in 2021. Die Kernbevölkerung des Tals ist sowieso ganz vorn bei der Impfung dabei, so die hauseigene Heilpraktiker-Hexe das nicht verteufelt. Dann können im Sommer wieder die Silver-Ager mit der figurbetonten roten Hose die jungen Damen nach ihrer Telefonnummer auf dem Waldfest fragen und die reichen Erbinnen mit der italienischen Bedienung poussieren.

Und wem die Böller und Raketen fehlen in diesem Jahr, für den habe ich einen duften Vorschlag: Runter in den Hobbykeller, Hammer nehmen, vor der festlich versammelten Verwandtschaft mutig gegen die Stirn schlagen. Ist dann alles wie sonst: Sie sehen Sterne, alle schreien, und man sitzt auch neben wütenden Ehefrauen oder Eltern in der Notaufnahme. Dieses Jahr gibt es in Agatharied für Silveste-Böllerrunfälle auch Eselsohren. Die sind bis Heilig Dreikönig zu tragen.

In diesem Sinne wünscht die gesamte Redaktion der Tegernseer Stimme einen schönen Silvesterabend. Rutschts guad umme – in ein hoffentlich gutes Jahr 2021! Wir bleiben dabei 🙂

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