Bezahlbare Mieten nur für Auserwählte

Die hohe Nachfrage im Tal macht Wohnungen für Normal-Sterbliche annähernd unerschwinglich. Mit dem „Tegernseer Programm“ sollen finanzschwächere Personen bei der Wohnungssuche unterstützt werden. Vor einem Jahr hatte die Stadt Tegernsee zusätzliche Wohnungen gekauft. Doch was hat sich seither getan?

Mit diesen Wohnungen in der Neureuthstraße hat sich die Stadt 2015 günstigen Wohnraum für Bürger gesichert.
Mit diesen Wohnungen in der Neureuthstraße hat sich die Stadt 2015 günstigen Wohnraum für Bürger gesichert.

Von einem sozialen Wohnungsbauprogramm kann man nicht sprechen. Wohnraum am Tegernsee ist so teuer geworden, dass sich Arbeiter und normale Angestellte die Mieten kaum noch leisten können. Der Tegernsee ist zur Heimat für Reiche und Superreiche geworden.

Die Region lebt stark vom allgemeinen Tourismus und den Kliniken rund um den See. Hotellerie, Gastronomie und der Pflegebereich sind aber Branchen, die bekanntlich nicht sehr hohe Löhne und Gehälter zahlen. Andernorts reichen die Gehälter zum Wohnen und Leben, am Tegernsee wird es damit immer enger.

Anzeige

Einige der großen Hotels am Tegernsee betreiben bereits eigene Personalhäuser. Oftmals übersteigt aber auch hier der Bedarf die Nachfrage. Das Beschaffen von bezahlbaren Wohnräumen stellt die Personaler im Tegernseer Tal immer wieder vor erhebliche Schwierigkeiten. So ist es ohnehin schwierig geeignete Mitarbeiter für die Hotellerie zu finden, ohne erschwingliche Wohnungen ist das allerdings fast unmöglich.

Tegernseer Modell

Um das Problem “bezahlbarer Wohnraum” in Angriff zu nehmen, hatte die Stadt Tegernsee im April vergangenen Jahres Wohnungen in der Neureuthstraße erworben. Diese hatten zuvor der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee gehört. 2,11 Millionen Euro investierte die Stadt für die 16 Wohnungen. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.

„Insgesamt gehören der Stadt Tegernsee mittlerweile 153 Wohnungen“, erklärt Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn (CSU). „Die Anfragen werden nach dem sogenannten „Tegernseer Modell“ bearbeitet.“ Konkret heißt das, dass es eine Vergabeliste gibt, die vom Baureferat verwaltet wird. Auf diese Liste kann sich prinzipiell jeder setzen lassen, der eine Wohnung in Tegernsee sucht. Die Vergabe der Wohnungen erfolgt dann nach sozialen Kriterien. So werden junge Familien bevorzugt, aber auch ältere Bürger mit geringem Einkommen.

Zwischen 6,50 und 7,50 Euro pro Quadratmeter liegt die Miete, so der Bürgermeister weiter. In seltenen Fällen auch darunter. Das wären dann aber Wohnungen mit einem Investitionsrückstand. So gäbe es in einigen der Wohnungen, die der Stadt gehören, noch die sehr teuren Nachtspeicheröfen.

Bei einer Durchschnittsmiete in Tegernsee, die schon vor einiger Zeit die 10,50 pro Quadratmeter überschritten hat, ist die Stadt ein sehr günstiger Vermieter. Kein Wunder also, dass die Vergabeliste immer länger wird. Bürgermeister Hagn:

Zwischen sechs Monaten und drei Jahren Wartezeit muss man rechnen – je nach persönlicher Situation. Die Tendenz geht aber ganz klar in Richtung längere Wartezeit.

Um weiteren, günstigen Wohnraum zu schaffen, beteiligt sich die Stadt nun am Ausbau des alten Krankenhausgeländes. Hier entsteht auf der Hälfte der Fläche ein Hotelprojekt auf der anderen Hälfte Wohnraum. Von dieser Hälfte soll wiederum ein Drittel bis zu 30 Prozent unter Marktwert abgegeben werden. Damit fällt das Projekt noch nicht wirklich in die Rubrik „sozialer Wohnungsbau“, ermöglicht aber jungen Familien aus der Mittelschicht in der Stadt Fuß zu fassen. In zwei bis drei Jahren könnten hier die ersten Familien einziehen.

Die Stadt will auf einer Teilfläche des ehemaligen Krankenhausareals günstigen Wohnraum schaffen.
Die Stadt will auf einer Teilfläche des ehemaligen Krankenhausareals günstigen Wohnraum schaffen.

Ein Einheimischen-Programm im herkömmlichen Sinn wird es in Tegernsee allerdings nicht geben. „Uns fehlt es an verwertbarem Baugrund.“, erklärt Hagn weiter. „In Tegernsee ist muss man sehr schnell in den Hang bauen. Zum einen hat man dann mit der Aussicht eine 1A-Lage, was den Grundstückpreis in die Höhe treibt und zum anderen ist das Erschließen und sichern von Gebäuden am Hang sehr teuer.“

Tal-Gemeinden müssten stärker zusammenarbeiten

Zudem verschiebe man das Problem damit nur um eine Generation. Das Schaffen günstiger Mietwohnungen sei da sinnvoller. Natürlich handelt es sich nicht um ein ausschließliches Problem der Stadt Tegernsee. Allen Gemeinden am See geht es ähnlich. Eine Kooperation erscheint sinnvoll.

So sind in Rottach die Preise noch höher, in Bad Wiessee habe man eine hohe Anzahl an Wohnungen, aber einen Investitionsrückstand, in Gmund betreibe man ein Einheimischen-Programm, Kreuth habe die Flächen und es gebe auch schon einige Personalhäuser von Hotelbetrieben. Aus den Gründen sieht Hagn eine Zusammenarbeit als schwierig an. Die Herausforderungen in den fünf Tal-Gemeinden, so der Rathaus-Chef abschließend, seien geographisch einfach zu unterschiedlich.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner