Tourismus in der Schockstarre?

Der Zusammenschluss von Tegernseer Tal Tourismus (TTT) und Alpenregion Tegernsee Schliersee (ATS) ist mit dem Veto von Schliersee vorerst gescheitert. Im Laufe des Jahres wollen die Verantwortlichen einen neuen Versuch wagen. Dann sollen die Details stimmen.

Doch die Vorbereitungen laufen in erster Linie im Hintergrund. Das sorgt nicht nur im Kreistag für Kritik. Und am Ende hängt vielleicht doch wieder alles an Schliersee.

Tag-des-Tourismus
Klappt die Tourismus-Fusion im zweiten Anlauf? Die Verantwortlichen hoffen das. Von links: Robert Salzl, Präsident Tourismus Oberbayern München, Harald Gmeiner, Georg Overs und Landrat Wolfgang Rzehak.

Als der Wirtschaftsausschuss des Kreistages am 25. Juni tagte, ging es auch um den Status Quo des Tourismus’ im Landkreis. Nach dem vorläufigen Scheitern der über Jahre geplanten Fusion war es zuletzt still geworden. Zu still, wenn es nach der Rottacher CSU-Kreisrätin Anastasia Stadler geht. Sie forderte in der Sitzung, dass das Thema aufgearbeitet werden müsse:

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Wir müssen heraus aus der Schockstarre! Das ist ein Thema im Tal. Es ist sehr viel Geld verbraten worden, es ist eine ganz schlechte Lösung, dass wir so tun, als wäre nichts geschehen. Wir dürfen nicht in Selbstherrlichkeit erstarren. Man muss es ja nicht zerreden und öffentlich breittreten, aber man kann auch nicht abwarten und Tee trinken.

Hans Schönauer (FWG) erkannte in der Problematik Grund genug, um das Thema in einer Sondersitzung zu behandeln: “Es hilft ja alles nichts. Wir haben zwei große Themen im Landkreis, bei denen es auch um sehr viel Geld geht – nämlich Tourismus und Verkehr.”

Landrat Wolfgang Rzehak mahnte zur Geduld und verwies darauf, dass sich die Politik zu diesem Zeitpunkt nicht zu sehr in die Tourismus-Pläne einmischen sollte: “Ich möchte der Steuerungsgruppe nicht vorgreifen. Öffentliches Gerede ist hier nicht zielführend. Erst sollte man neue Pläne ausarbeiten, dann darüber reden. Es wird auf jeden Fall ein Thema für den Kreistag werden.”

Wer hat nun Recht? Befindet sich der Landkreis-Tourismus tatsächlich in einer Art Schockstarre? Nein, sagt ATS-Chef Harald Gmeiner gegenüber der Tegernseer Stimme.

Aber dass unser Großprojekt geplatzt ist, war schon ein herber Rückschlag. Wir haben all das, was schiefgelaufen ist, über Wochen hin und her diskutiert und uns den Kopf zermartert. Irgendwann wollten wir einfach endlich wieder zu unserer normalen Arbeit kommen. Wir mussten einfach den Fuß vom Gas nehmen und den Motor abkühlen lassen. Und trotzdem arbeiten wir intensiv weiter am Zusammenschluss.

Sein TTT-Kollege Georg Overs bestätigt auf Nachfrage: “Wir sind nicht in eine Schockstarre verfallen. Wir haben ja gesagt, wir konzentrieren uns jetzt erstmal auf die TTT und suchen im Hintergrund weiter nach einer Lösung für den Landkreis. Eine öffentliche Diskussion ist erstmal nicht hilfreich. Wir kommunizieren das, sobald wir etwas haben. Aber noch können wir keinen konkreten Vorschlag machen – so weit sind wir schlicht noch nicht.”

Momentan befinde man sich in vielen Gesprächen – mit Verbänden, Politik, Privatvermietern und Hotelbetreibern. Ganz bewusst habe man sich dazu entschlossen, davon erstmal nichts zu kommunizieren. Wohl auch aus Angst, dass man wieder eine Gesamtlösung verkündet, die am Ende kurz vorm Ziel doch wieder scheitert. Währenddessen verweisen die Verantwortlichen lieber auf die Erfolge, die auch ohne Zusammenschluss inzwischen eingefahren wurden. “Der Masterplan hat ja schon sehr viel erreicht und viele Synergien freigesetzt”, sagt Gmeiner.

Was ist mit Schliersee?

Denn angetrieben werden die Touristiker von einem gemeinsamen Problem, an dem sich per se nichts geändert hat: sich möglichst gut am Markt zu positionieren. Immer wieder wurde nach dem Veto des Schlierseer Gemeinderats diskutiert, ob die “Fusion” denn nicht auch – oder gar: nur – ohne Schliersee funktionieren könnte. Harald Gmeiner gibt zu verstehen, dass diese Variante nach wie vor nicht zur Debatte stehe: “Es war immer klar, dass Schliersee beim Zusammenschluss mit im Boot ist. Daran hat sich nichts geändert. Es kommt nur auf die Bedingungen an. Die überregionale touristische Kooperation will man auch in Schliersee.”

Erstmals deutet der ATS-Chef auch einen groben zeitlichen Rahmen für einen Neuversuch an: Demnächst werde das Thema in der Bürgermeister-Dienstbesprechung behandelt. Für Oktober rechnet Gmeiner dann mit einer Besprechung in großer Kreistags-Runde. Überzeugt der neue Lösungsansatz, könnte es dann weitergehen mit dem zweiten Anlauf zu einer neuen Tourismusfusion.

Auf Nachfrage erklärt auch Landrat Wolfgang Rzehak, dass er den Zusammenschluss weiter für notwendig und sinnvoll hält. „Ich hoffe nach wie vor, dass wir einen Konsens finden.“ Derzeit setzt er auf die Steuerungsgruppe und die Touristiker, ein modifiziertes Konzept für die Zusammenarbeit zu entwickeln.

Auch der Kreistag
Im Oktober soll sich der Kreistag möglicherweise mit einem modifizierten Konzept befassen.

Und Schliersee? Vor rund zwei Monaten hatte sich Rzehak dahingehend geäußert, dass man den Zusammenschluss im Zweifelsfall auch ohne Schliersee durchziehen müsse. Von dieser Position scheint sich der neue Landrat ein Stück weit distanziert zu haben. Wie es weitergehen könne, wenn Schliersee ausscheide, sei ungewiss:

Es ist fraglich, ob eine Tourismusfusion dann noch sinnvoll ist. Schließlich stoppen unsere Gäste nicht an Gemeindegrenzen, sie interessieren sich für die gesamte Region.

Ende Juli stellt jedenfalls der Schlierseer Gästeinfo-Leiter, Matthias Schrön, in einer Klausur dem Gemeinderat sein Konzept zur weiteren Ausrichtung des Tourismus’ in Schliersee vor – im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung. Auch dort wird wohl maßgeblich mitentschieden, wie es mit dem Tourismus im Landkreis weitergeht.

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