Westbank Wonderland – ein Gang durchs Dorf

Man kann nur staunen. Bad Wiessee, einst verspottet als hässliches Entlein der Talfamilie, mausert sich immer mehr zu einer Bauherren-Erfolgsgeschichte. Der Bauch ist nach Weihnachten voll, Bewegung tut not. Wir nehmen Sie mit zu einem kleinen Spaziergang durch den beschaulichen Westufer-Ort, der sich gerade mächtig ändert.

Eine Glosse von Martin Calsow

Fangen wir mit der weitläufigen Häuseranlage unten in Abwinkl an, die Tegernsee Villen, einst bekannt als Brenner Park, oder wie Einheimische ihn so zärtlich bezeichnen: das Geriatrie-Ghetto. Hier wurde dank der klugen Planung des Bauträgers und der, das wollen wir hier auch einmal anmerken, vorbildlichen Vorgaben einer liberalen Gemeinde, wirklich jeder Meter verbaut und versiegelt.

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Der Investor, ein innovatives Start up Unternehmen aus unserem geschätzten Nachbarland hat dabei ein architektonisch ansprechendes Ensemble aus, nun ja, Häusern, hingesetzt. Erst spätere Generationen werden sagen: Mensch, da hat Wiessee ja ein Schmuckstück für geldige Senioren bekommen. Einfach toll. Das verspricht Leben.

Wenden wir uns nun dem äußerst gelungenen Lindenplatz zu. Zugegeben: Es hat lange gedauert. Monate des Sommers vergingen, ehe das Kleinod kleinstädtischer Planung den letzten Schliff erhalten konnte. Ein Platz, der mit seinem ebenso schönen Bruder in Gmund konkurrieren kann. Nur: Wiessee hat noch eine Ampel dazubekommen.

Harmonisch fügt er sich mit seinen Wildblumen, den Hundertschaften an Bänken und der putzigen Brunnenanlage in das Ortsbild. Hier würde ein Maibaum nur stören. Lieber sieht man hier sitzende Rentner, die auf den Bus oder auf etwas Endgültigeres warten. Gleich nebenan stand einst das Haus Ursula, jetzt ist dort ein Loch. Wer hat das schon in seiner Ortsmitte?

Flanieren wir weiter nach Westen auf unserem Spaziergang durch den boomenden Ort mit seinen vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten, sehen wir bald eine Meisterarbeit deutscher Architektur- und Planungskunst. In der Birkenstraße, unterhalb des Hoeneß-Hangs, schnuckelt sich ein Reihenhausriegel in die Natur, den man sonst nur aus den Randbezirken Mönchengladbachs kennt.

Warum auch nicht einmal seelenlose Doppelhaushälften mit viel Parkplatzpflaster? Mal was anderes. Schön kann jeder. Schauen Sie, wie harmonisch und symmetrisch die Windfänge installiert wurden, wie aber jeder hier seine Zäune individuell auswählt. Der Zaun, das wissen wir, ist, neben dem Trampolin, die Visitenkarte des Reihenhausbewohners. Hier waren Kenner der Materie am Werk, Menschen, die unsere Heimat bewahren und dennoch weiterentwickeln wollen. Danke dafür.

Bevor wir uns wieder den Anwesen am See zuwenden, genießen wir noch einmal einen Blick auf die kleine, aber feine Auto-Boutique an der Münchner Straße. Fällt gar nicht auf. Hier am Eingang des Ortes wohnen die Glücklichen am Franzosen- und unter dem Franzosenhügel. Jene, die in München Erfolg hatten und nun jedes Recht auf Verbreitung haben. Ob Verleger oder Großcaterer. Hier genießt man den Blick auf den See, und der ist unverbaubar, wird nur gestört vom leisen Summen des Rasenroboters.

Schauen Sie nur, wie klug die Anwesen im Adalbert-Stifter-Weg gelungen sind. Der diskrete Charme eines evangelischen Begegnungszentrums im Sauerland soll einen Besitzer zu dieser feinen Hallenkonstruktion inspiriert haben. Davor viel Rasen und Hang. Besonders gelungen sind in der Nähe die Betonspritzarbeiten eines heimischen Architekten, die optisch schon Westwall-Qualität besitzen. Warum Natur, wenn man Beton hat und sogar einen Betonbaron im Ort ansässig ist?

Nun, schon leicht betäubt von soviel Baukompetenz auf engstem Raum, hinunter zum letzten Schmankerl, hinein in die die Anton-von-Rieppel Straße. Aber Vorsicht: Hier darf nicht überall geparkt werden. Damit die Hausherrin mit dem SUV gefahrlos das Grundstück verlassen kann, hat man hier links und rechts neben der Einfahrt ein Parkverbot installiert. Soll keiner sagen, dass Neubürger nicht nett empfangen werden.

Unten dann, neben dem Yachtclub am See, hat einer mit viel Geld und noch mehr Stil sich einen Bootssteg mit Dach gegönnt und damit bewiesen, dass mit viel Holz nicht alles schöner wird.

Nächstes Jahr gehen wir dann durch Rottach-Egern.

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