Die Gemeinde mit der größten Baustellendichte steht vor großen Herausforderungen. Hoher Schuldenstand, ungelöste Probleme. Jetzt tritt mit Klaudia Martini eine der letzten Politprofis im Wiesseer Rat ab. Wird es besser?
Der Ort macht gerade nicht viel her. Selbst Wohlwollende verdrehen die Augen über die vielen Gruben und Brachen in Bad Wiessee. Und das ist durchaus auch im übertragenden Sinne zu verstehen. Wandert man von Nord nach Süd, reiht sich ein Klopper nach dem anderen wie eine peinliche Problemkette auf.
Da ist das SME-Problem. Recht blauäugig wurde die Entwicklung des Areals mit nur zwei Gegenstimmen (*Ingrid Versen und Rolf Neresheimer) an einen Schweizer, nun ja, “Unternehmer”, vergeben. Florian Sareiter von der CSU 2016: “Mich macht die schnelle Planung stolz.” Bernd Kunze-Fechner (SPD): “„Ich begrüße das entschlossene Vorgehen.“ Heute wollen sich die Herren nur ungern daran erinnern lassen. Nach Abrisskosten blieb eine lächerliche Summe übrig.
Oder das Jodschwefelbad. Teuer von Holländern gekauft, und nur für Alteingesessene ein Muss. Es wird immer ein Schuldenbringer sein. Der Kauf ist aus heutiger Sicht mindestens kritisch zu betrachten. Zu feiern gibt es da wenig.
In Steinwurfweite: Das Strüngmann/Seegut-Areal. Nach quälenden Brache-Jahren wird es heuer vielleicht mit dem Bauen losgehen, wird der versprochene Ortsteil die Westufer-Gemeinde schmücken. Einige im Rat werden das wohl nicht mehr erleben.
Geht man ein wenig weiter Richtung Seestraße, stößt man auf ein Bauensemble, das in Wiessee seinesgleichen sucht. Ein Stahlglas-Monster in direkter Sichtachse zu den schönen Höfen von Alt-Wiessee. Wer hat das zu verantworten? Genau, die alte Gemeinderat-Riege.
Dann der Brenner-Park, ein steingewordener Wartesaal Gottes, der betuchten Senioren auf engstem Raum ein Zuhause und dem Betrachter Abscheu beschert. Irgendwann stand ein Bürgermeister davor und zuckte mit den Schultern. So, als habe er Pläne nie gesehen, der Reichen-Rentner-Rumms einfach so vom Himmel, beziehungsweise Planquadrat gekommen.
Letztlich sind das alles Zeugnisse der Gemeinderatsarbeit aus der Vor-Kühn-Zeit. In der führten Eitelkeiten, Hakeleien und zuweilen auch schiere Inkompetenz in Verwaltung und Politik zu einem Ort in Erstarrung.
Jüngstes Beispiel: Kurt Sareiter, seit 39(!) Jahren im Gemeinderat des Kurortes, plaudert Zahlen aus nicht-öffentlichen Sitzungen aus. Es ist ein durchschaubares Manöver. Billig und unnütz. Da war wieder der Sound vergangener Wiesseer Wutsitzungen.
Es fehlen: Die Ranwanzerei einiger Räte an einen Betonbaron, die Pflasterhölle Lindenplatz, der Busbahnhof an der Seepromenade …
Mit Klaudia Martinis Nachfolgerin, Dr. Isabel Dörder (die dritte aus der Familie im Rat!), kommt vielleicht frischer Wind in den Rat. Sie wird zeigen müssen, ob sie sich gegen einige Egozentriker, Schönredner, Partikular-Interessler und Sandkasten-Strategen aus allen Parteien wird durchsetzen können. Der Westufer-Ort hätte es verdient, mit konstruktiver, parteiübergreifender Arbeit zum Erfolg zu kommen. Auf der anderen Seeseite geht das auch.
*Korrektur: In einer früheren Version haben wir in der Aufzählung der Gegenstimmen Rolf Neresheimer nicht erwähnt. Wir bitten, das Versäumnis zu entschuldigen.
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